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Rückblick 2019 ist tot. Es lebe 2019.

Was ist 2019 eigentlich alles so im Altkreis Staßfurt passiert? Die Hengstmann-Brüder haben zurückgeschaut. Mit vielen zwinkernden Augen.

02.01.2020, 03:00

Altkreis Staßfurt l Wieder ging ein Jahr zu Ende. Also ist es wieder Zeit für einen Jahresrückblick. So nach dem Motto: Das Jahr war schlimm genug, warum muss man es dann einem auch noch in geballter Form vor den Latz geknallt werden? Gute Frage. Nächste Frage.

Wenn man die Volksstimme-Ausgaben des vergangenen Jahres so durchblättert, könnte man den Eindruck bekommen, in Staßfurt und Umgebung gab es nur Einbrüche, Autounfälle und Brände. Ununterbrochen. Also alles wie jedes Jahr.

Nicht ganz. Immerhin haben es die Feuerteufel in Staßfurt, aber auch in Etgersleben im letzten Jahr wohl stark übertrieben. Die Kameraden der freiwilligen Feuerwehren pfiffen aus den letzten Löchern, nachdem sie alles aus den Schläuchen geholt hatten.

Dass die Absenkung des Grundwasserspiegels mit den vielen Bränden und daraus resultierenden Löscharbeiten zu tun hatte, wird von fachunkundiger Seite bestritten. Ebenso, dass die Landeshauptstadt Magdeburg die hell erleuchteten Nächte als Inspiration für ihre überteuerte und selten kitschige Lichterwelt auf dem Domplatz genommen hat.

Auch kann von inoffizieller Seite nicht bestätigt werden, dass das Fischsterben in der milchig verdreckten Bode im August in Staßfurt die Löscharbeiten insofern vereinfachte, dass man durch Löschwasserentnahme aus dem Fluss die Möglichkeit hatte, Brandherde mit toten Fischen zu erschlagen.

Man kann ja Feuer und Flamme für den Salzlandkreis sein, aber irgendwo ist auch mal Schluss. Von der CO2-Bilanz mal ganz abgesehen.

Und damit war auch klar, was 2019 der Unterschied zwischen der Landespolitik und unseren Feuerwehrkame- radInnen war. Bei der Feuerwehr wurde gearbeitet.

Wobei an dieser Stelle angemerkt werden sollte, dass der Ausdruck FeuwehrkameradInnen mit Vorsicht zu genießen ist, weil den Autoren an der Stelle nicht ganz klar ist, was der Gender-korrekte Ausdruck an dieser Stelle ist. Feuerwehrfrauen und -männer? Feuerwehrmänninnen? Feuerwehrende?

Fest steht wohl nur, dass die Feuerwehrleute, die die ganzen sinnlosen und vollkommen idiotischen Feuer löschen mussten, am Ende so kaputt waren, dass sie eh nicht mehr wussten, ob sie Männchen oder Weibchen sind. Und das ehrenamtlich. Woran man mal wieder sieht, Arbeit wird bezahlt, Ehrenamt ist unbezahlbar.

Aber man kann natürlich nicht behaupten, dass es nur negative Nachrichten gab. Der Salzlandkreis, und damit auch der Altkreis Staßfurt, gehört zu den Top 30!

Zu den Top 30 der wirtschaftlich schwächsten Regionen in Deutschland. Wie sehr diese Region gemieden wird, zeigt sich unter anderem daran, dass selbst der Wolf einen Riesenbogen macht. Hier muss man sich nach wie vor mit Waschbären und Wildschweinen begnügen. Diese Tiere sind zwar auch nicht risikofrei, so sei das Thema afrikanische Schweinepest angesprochen und die wiederholten nervigen Faustkämpfe mit Waschbären um die hauseigene Bio-Tonne. Der Gefahr durch Meister Isegrim könnte aber begegnet werden, so meint man im zuständigen Wolfsinkompetenzzentrum. Übliche Maßnahmen wie das Einnähen von salzigen Wackersteinen in die Tiere, die sich vom hastigen Genuss kränklicher Großmütter und rot bekappter Mädchen in komatösen Zuständen befinden, sind lieb gemeint, aber wirklich effektiv ist nur das Verstecken in geeigneten Uhrenkästen.

Dass sich die wirtschaftliche Lage auf die allgemeine Problematik des so genannten „ländlichen Raumes“ zurückführen lässt, ist zumindest nicht abzustreiten. So wird von führenden Beamten des Landesschulamtes angemahnt, dass nach der Schließung des Gymnasiums in Egeln 2016 kaum noch Schulen da seien, die man zu machen könnte.

„Da muss sich das Land bald mal was einfallen lassen, um die Verödung weiter voranzutreiben.“ Erste ernst zu nehmende Ansätze sind ja schon zu beobachten. Hier seien nur der stetig wachsende Lehrer- und Fachkräftemängel, besonders an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen genannt - auch tut sich Egeln wieder besonders hervor – und natürlich die herrlich desolate Haushalts- und Personallage in den kleineren Gemeindeverbünden wie der Einheitsgemeinde Hecklingen oder der Verbandsgemeinde Egelner Mulde.

Die Klagen gegen die Höhe der Kreisumlage waren zwar teilweise erfolgreich, helfen den Orten in einer Verbandsgemeinde auch nicht weiter, die neben der Kreisumlage auch die so genannte Verwaltungsumlage zahlen müssen. Dass sich die eine bei circa 40 Prozent und die andere bei ungefähr 70 Prozent befand, und damit die Gesamtbelastung einer Gemeinde bei 110 Prozent liegt, ist für die zuständige Stelle bei der Kommunalaufsicht des Landkreises offensichtlich kein Problem.

Dies ist einerseits Ausdruck der Bildungsmisere im ländlichen Raum, andererseits wurde verlautbart, dass man die zehn Prozent, die nicht da sind, doch in die Jugendarbeit investieren könnte.

Schließlich sei die immer kleiner werdende Anzahl von Jugendlichen in der Region nur ein Definitionsproblem. So geht es nicht nur um die Erhaltung von Jugendfreizeiteinrichtungen, sondern auch um die Installation und Erhaltung von Jugendbeiräten auf kommunaler Ebene. Um dem fehlenden Engagement der jungen Leute, aufgrund des Fehlens junger Leute entgegen zu wirken, müsse einfach nur neu definiert werden, was „jung“ ist. So besteht der neue Jugendbeirat der Region Staßfurt aus Horst Holzmann (82), Ingeborg Karschubbe (um die 90) und Friedrich-Wilhelm Gerontowjek (leider schon verstorben).

Und dass die Jugend nicht leistungsbereit ist, kann nun wahrlich niemand behaupten. Im August wurde ein 30-jähriger in Güsten mit 1,67 Promille Blut im Alkohol gestoppt und musste den Führerschein abgegeben. Dass man ihn dann knapp drei Stunden später in Ilberstedt ohne Führerschein, aber mit dem Auto noch einmal aus dem Verkehr ziehen musste, zeugt von Einsatzbereitschaft. Und dass der Promillewert um 0,3 gesunken ist, ist ein Indiz dafür, dass gar kein Alkohol oder nur noch maßvoll konsumiert wurde. Bravo!

Nun ist auch von Glück zu reden, dass der Alkoholkonsum nicht so gesteigert wurde, dass eine notfallmedizinische Versorgung nötig gewesen wäre. Die fehlende ärztliche Versorgung sowohl im niedergelassenen als auch im amtsärztlichen Bereich wird eigentlich nur noch dadurch ausgeglichen, dass wenigstens die klinische Versorgung kurz vor dem Kollaps steht.

Die Schließung der Notaufnahme in Staßfurt wurde zwar offiziell mit dem Fehlen einer Chirurgie begründet, aber letztlich geht es wohl wie immer nur darum, das Vertrauen innerhalb der Bevölkerung wieder zu stärken. Nämlich das Vertrauen, bei Schädelbasisbruch, Blutvergiftung oder Darmverschluss einfach auf Gottes Hilfe zu hoffen.

Die angestrebte Vernetzung und Spezialisierung der medizinischen Versorgung durch den Klinikbetreiber Ameos ließ neben Argwohn durchaus auch positive Stimmen vernehmen. So soll das Zentrum für Altersmedizin - natürlich – nach Staßfurt. „Das ist eine tolle Sache.“ Jubelte der Jugendbeirat.

Dass die katastrophale Bezahlung und die unmöglichen Arbeitsbedingungen in den Ameos-Kliniken durch Streiks und Proteste ans Licht der Öffentlichkeit kommen, wurde von Konzernseite immer wieder bedauert. Schließlich sei ein Krankenhaus nicht dazu da, um Menschen zu behandeln, sondern um Geld zu verdienen. So heißt es im Ausblick auf 2020, dass „hoffentlich auch weiter der Aktionär und nicht der Patient im Vordergrund stehen.“

Aus für gewöhnlich schlecht unterrichteten Kreisen der zuständigen Politik hieß es bedauernd: „Wir konnten ja nicht ahnen, dass privatwirtschaftliche Unternehmen Gewinn machen wollen. Wir sind davon ausgegangen, dass das alles liebe Leute sind, die nur helfen wollen.“

Man darf aber auch erfolgsorientierte Infrastrukturmaßnahmen der Region nicht vergessen. So wurde die B6(n) zur A36 umgewidmet. Dass eine Umschilderung bislang nicht erfolgte, ist nicht so schlimm, da ja die zunehmende Anzahl von sinnlosen und fördermittelabrufgestützten Großbaustellen schließlich locker das Niveau von Bundesautobahnen erreicht. Leider wurde es bisher erfolgreich verhindert, dass sich die neue A36 bei der A14 ab dem Kreuz Bernburg mit Betonkrebs angesteckt hat. Aber hier herrscht allgemeine Zuversicht für das Jahr 2020.

Was die so genannte digitale Infrastruktur betrifft, kann man sagen, dass zumindest im Staßfurter Ortsteil Üllnitz der Breitbandausbau abgeschlossen wurde. Was mit dem schnellen Internet im Rest der Region werden soll, konnte von der zuständigen Stelle des zuständigen Telekommunikationsunternehmens noch nicht beantwortet werden. Auf Anfrage hieß es nur, dass man erstaunt sei, dass Üllnitz nicht der gesamte Salzlandkreis sei.

Doch bei aller Freude über das Erreichte, darf man auch die entsetzlichen Momente nicht verhehlen. Am 29. März besuchte Bundesinnenminister Horst Seehofer den Salzlandkreis. Dass es während des Besuches zu Irritationen gekommen sein soll, weil sich Landrat Markus Bauer (Parteimitglied) und Bundesinnenminister Seehofer (Mitglied einer anderen Partei) kurzzeitig aus den Augen verloren und das Ganze nun auf RTL als Dokusoap unter dem Titel „Bauer sucht Seehofer“ gesendet werden soll, ist allerdings ein Gerücht.

So bleibt zum Schluss nur zu sagen, dass das Jahr 2019 im Bezug auf Verödung des ländlichen Raumes, Bildungsmisere und Fachkräftemangel ein Jahr mir großen Fortschritten war. Bleibt nur zu hoffen, dass nicht rückblickend der einzig positive Aspekt war, dass es im Dezember endete.

Und zur Vorausschau auf 2020 kann man sagen, es wird wohl ein tolles Jahr werden. Zumindest ein besseres als 2019. Was ja auch nicht schwer ist. Schlimmer kann es ja nicht werden. Obwohl schon verlautbart wurde, dass Landesschulamt, Kommunalaufsicht, der Ameos-Konzern, etliche gehirnamputierte Brandstifter und andere Sünderlein bereits in den Startlöchern stehen. Nach dem Motto: „Da ist immer noch Luft nach unten.“

In diesem Sinne ein „erfolgreiches“, „gesundes“ und „gesegnetes“ „2020“.

Ihre

HengstmannBrüder