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Sozialarbeit Lippenbekenntnisse ohne Zusage

Ein Fachtag hat Schulsozialarbeiter im Salzland weiter verunsichert. Sie wissen nicht, ob sie ihren Job über 2021 hinaus ausüben können.

25.02.2020, 23:01

Schönebeck/Staßfurt l Lisa Böhme ist ein optimistischer Mensch. Sie versucht immer das Gute in den Dingen zu sehen und optimistisch nach vorn zu schauen. Die Schulsozialarbeiterin der Christlichen Sekundarschule Gnadau mit Standorten in Großmühlingen und Barby vom Träger „Diakonieverein Heimverbund Burghof e.V. Schönebeck“ ist unter ihren Kolleginnen eigentlich als Mutmacherin bekannt. „Bis letzte Woche hatte ich ein gutes Gefühl“, sagt sie. „Jetzt habe ich aber eher gemischte Gefühle. Ich habe nicht viel Zuversicht, dass es mit der Schulsozialarbeit über 2021 hinaus weiter geht.“

Zwar hat es in Magdeburg am vergangenen Mittwoch einen Fachtag gegeben, an dem Lehrer, Schüler, Politiker und Bildungsminister Marco Tullner (CDU) teilgenommen haben. Aber: „Das war sehr schwammig und unkonkret“, sagt Lisa Böhme. „Wir wissen nicht, was wird.“ Und das schon seit geraumer Zeit.

Wie geht es weiter mit der Schulsozialarbeit? Die Finanzierung über Mittel des Europäischen Sozialfonds läuft Ende Juli diesen Jahres aus. Das ist Fakt. Das Land hat 2019 den Willen bekundet, für ein Jahr eine Übergangsfinanzierung für das Schuljahr 2020/2021 zu gewährleisten. Was danach kommt, ist unklar.

Frank Wolters, Gewerkschaftssekretär für Jugendhilfe und Sozialarbeit bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), kritisiert: „Zwar ist eine Finanzierung der Schulsozialarbeit im kommenden Haushalt des Landes eingeplant. Allerdings fehlt eine Verpflichtungsermächtigung über 2021 hinaus.“ Damit würde sich das Land im Rahmen des Haushaltsplans finanziell verpflichten und in die Lage versetzen, über ein Haushaltsjahr hinaus zu planen. „Das ist absolut inakzeptabel. Es gibt keine Planbarkeit“, so Wolters. Er sieht die Schulsozialarbeit weiterhin akut gefährdet. „Ich befürchte, dass es von der EU keine Mittel mehr im bisherigen Umfang geben wird.“

Warum es keine Verpflichtungsermächtigung gibt? Michael Schulz, Pressesprecher beim Bildungsministerium, antwortet ausweichend: „Momentan wird in den Haushaltsberatungen intensiv über die künftige Finanzierung und damit über die Sicherstellung der Schulsozialarbeit verhandelt.“ Dann verweist er auf ein offizielles Statement des Bildungsministers Tullner. Dieser erklärt: „Die Schulsozialarbeit hat einen enormen Wert für die Arbeit an den Schulen in Sachsen-Anhalt. Daran gibt es keinen Zweifel. Gleichzeitig gibt es keinen Zweifel daran, dass die Schulsozialarbeit eine Zukunft in unserem Land haben muss und haben wird.“

Bei der künftigen Schwerpunktsetzung bei der Verwendung sinkender EU-Mittel wurde der Schulsozialarbeit eine klare Priorität eingeräumt. „Das Programm ‚Schulerfolg sichern‘ soll mindestens auf dem bisherigen Niveau fortgeführt werden“, so Tullner.

Das tröstet viele Schulsozialarbeiter aber kaum. „Der Fachtag war relativ ernüchternd“, meint Stefan Eiternick, Schulsozialarbeiter vom Träger „Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis Bernburg“ an der Ganztagsschule „Campus Technicus“ in Bernburg. „Es gab wenig Neues. Gut war immerhin, dass der politische Wille von CDU, SPD, Grüne und Linke klar erkennbar war.“

Eiternick befürchtet nun, dass die Schulsozialarbeit sogar für eine Weile komplett wegbricht. „Ich glaube nicht, dass bis zur Landtagswahl im Juni 2021 eine Lösung gefunden wird. Danach muss sich eine neue Regierung finden und dann beginnt das neue Schuljahr.“ Ohne, dass sichergestellt wäre, wie die Schulsozialarbeiter bezahlt werden sollen. „Ich halte eine Unterbrechung der Projekte ab 2021 für realistisch. Wenn bis zum Januar/Februar 2021 nicht geklärt ist, wie es weiter geht, werde ich mich umschauen.“ So geht es auch Lisa Böhme. „Man spitzt immer wieder die Ohren, obwohl es ein Job ist, der viel Spaß macht und in dem sehr viel Herzblut steckt.“

Aber es gibt auch Schulsozialarbeiter im Kreis, die optimistisch sind. So Kathrin Peters vom „Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ)“, die sich an der Grundschule „Vier Jahreszeiten“ in Egeln um die Schüler kümmert. „Ich habe persönlich ein sehr, sehr gutes Bauchgefühl. Ich habe eine positive Stimmung vernommen“, sagt sie. So habe eine Institutsstudie Eltern, Kinder und auch Lehrer befragt. Schulsozialarbeit würde nicht mehr nur an Abbruchquoten festgemacht, sondern auch an der Erlernung von sozialen Kompetenzen. „Ich sehe eine neue Gewichtung“, so Peters. Die gewachsenen Strukturen wären erkannt worden.