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St. Clemens Kirchturmspitze steht nicht mehr sicher

In Groß Börnecke muss die Turmhaube von St. Clemens abgetragen werden.

16.02.2019, 02:15

Groß Börnecke l Gespräche um einen möglichen Abriss des Turmdachs der im 12. Jahrhundert erbauten Kirche Sankt Clemens in Groß Börnecke sorgen für Aufsehen. Das kleine Gotteshaus wurde vor über 18 Jahren von einem Förderverein gerettet, der sich seitdem mit viel Eigenleistung für den Erhalt stark macht. Denn der Kirche gehört das Objekt zwar noch, sie nutzt es aber nicht mehr. Gottesdienste und andere kirchliche Handlungen finden dort seit 1976 aber nicht mehr statt. Denn in Groß Börnecke gibt es noch eine zweite Kirche: St. Laurentius.

Sankt Clemens war und ist für viele Einwohner aber ihre heimliche Dorfkriche, weil ihre Familien dort getauft wurden, Hochzeiten stattfanden und mehr. Der Förderverein hatte sich mit seiner Gründung daher das Ziel gesetzt, die Kirche im Dorf zu lassen und vor dem Verfall zu retten. Das ist auch schon gelungen. Mittlerweile ist St. Clemens regelmäßig ein kulturelles Schmuckstück, es finden Konzerte, Tage der offenen Tür und Ausstellungen statt, die der Verein organisiert. Viele Bürger sind dabei, wissen das Engagement zu schätzen. Auch von innen kann sich die Kirche mit ihrem neuen weißen Antlitz sehen lassen. Außen bröckelt es aber. Das Dach des Kirchenschiffes müsste saniert werden. Auch der Turm bereitet Sorgen. Dass es Probleme gibt, ist für alle nicht neu. Jetzt spitzt sich die Lage aber zu. Seit Dezember ist das gesamte Gebäude und das Areal drum herum gesperrt. Zum benachbarten Grundstück mit der Begegnungsstätte der Volkssolidarität flattert ein rot-weißes Band. Daran ein gelbes Schild mit der Aufschrift: „Betreten verboten! Eltern haften für ihre Kinder!“Wie kam es dazu? Die Frage sorgt bei vielen, die darauf angesprochen werden, für anfängliche Zurückhaltung. Einige wollen sich gar nicht äußern.

Zuständig für die Sperrung ist der evangelische Kirchenkreis Egeln. Der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit Pfarrer Holger Holtz kann zu dem Sachverhalt schließlich umfangreich informieren. Er erklärt, dass während einer Begehung des Gebäudes leider erhebliche Schäden am Dachstuhl des Turmes gefunden wurden. „Die Standsicherheit des Dachstuhles ist dadurch beeinträchtigt. Dies wurde durch ein Holzschutzgutachten bestätigt“, heißt es in seiner Mitteilung.

Da die Kirchengemeinde als Besitzerin der Kirche, die Verantwortung zu tragen habe, seien daher aus Sicherheitsgründen die Kirche und Teile des Grundstücks gesperrt worden. „Wir bedauern es sehr, dass damit ein kulturelles Zentrum in Groß Börnecke vorerst nicht mehr zu nutzen ist“, so Holtz.

Er sagte weiter, dass der Kirchenkreis Egeln es begrüßt, dass die „Akteure in Groß Börnecke sich für den Erhalt des Gebäudes stark machen.“ Für den Förderverein sei die anstehende Sicherung jedoch alleine nicht zu bewältigen. „Zurzeit laufen Planungen, die den Rückbau des Dachstuhles und die Sicherung des Turmes mit einem flachen Zeltdach vorsehen. Der Kirchenkreis unterstützt diese Maßnahme und mit ihr auch das Engagement des Fördervereins und wir hoffen, dass die kulturelle Arbeit des Fördervereins dadurch bald wieder aufgenommen werden kann“, informiert der Kirchenkreis.

Vor Ort wurden die Akteure von der Sperrung per Brief im Dezember informiert. Der baufachliche Referent des evangellischen Kirchenkreises soll den Verein und die Kirchengemeinde davon in Kenntnis gesetzt haben, dass die Kirche und der Kirchhof nicht mehr betreten werden dürfen.

Das sei damit amtlich verbindlich gewesen, denn es dürfe ja niemand zu Schaden kommen. „Daran müssen wir uns auch halten“, muss Pfarrerin Dorothea Laser-Merker mit Bedauern sagen. Sicher, der Umstand, dass es Probleme mit dem Turm gebe, sei nicht neu. Das gehe schon über mehrere Jahre. Und es seien auch schon verschiedene Anträge seitens des Gemeindekirchenrates gestellt worden. „Wir sind aber leider immer wieder gescheitert, bei den Versuchen, Gelder ran zu schaffen“, sagte Laser-Merker. Sie weiß, dass es eine Begehung mit allen Beteiligten gegeben habe, auch der Architekt und der Bauausschuss seien involviert.

Auch der Salzlandkreis weiß um die Kirchensperrung. Sprecherin Marianne Bothe teilt mit, dass „die Kirchengemeinde die jetzige Absperrung eigenständig in die Wege geleitet hat, nachdem ein Statiker Probleme hinsichtlich der Standsicherheit der Turmhaube feststellte. Die Bauaufsichtsbehörde wurde hierüber informiert.“

Wie geht es jetzt weiter? Eine weitere Information des Kreises gibt Aufschluss und deutet darauf, dass Bemühungen laufen, dem Turm eine neue Abdeckung zu beschaffen. „Nunmehr liegt ein Bauantrag zur Beseitigung und zur Neuerrichtung einer Turmhaube vor. Dieser Antrag befindet sich bei der unteren Bauaufsichtsbehörde in Abstimmung mit der unteren Denkmalschutzbehörde in Bearbeitung“, heißt es dazu aus Bernburg. Auch beim Förderverein klingt Optimismus mit, wenn Claus Freitag darüber redet. „Wir sind guter Hoffnung“, sagte er. „Wir wissen, dass der Turm so nicht mehr stehen bleiben kann, aber er soll ausgewechselt werden. Die Turmhaube müsste abgetragen und mit einem provisorischen Dach ausgewechselt werden. Spruchreif ist aber noch nichts“, sagte Freitag.

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hat auf ihrem Gebiet in Sachsen-Anhalt 1 784 Kirchen und Kapellen. Davon befinden sich 18 Gebäude in einem ruinösen Zustand. Darunter fällt aber nicht die Clemenskriche, bestätigte EKM-Sprecher Friedemann Kahl. Insgesamt gibt es in der EKM 3996 Kirchen und Kapellen.