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Staßfurt Stadt verlangt von Architekten Geld zurück

Bei der aktuellen Sanierung von Kitas und Schulen hat ein Architekt der Stadt Staßfurt mehrere unbrauchbare Entwürfe geliefert.

10.07.2020, 23:01

Staßfurt/Förderstedt/Neundorf l Ende Juni informierte die Stadtverwaltung die Staßfurter Stadträte über das Dilemma im nicht-öffentlichen Teil der ersten Stadtratssitzung nach Corona: Die Stadt hat die meisten Verträge mit ihrem Planer für ihre Kita- und Schulsanierungen gekündigt und schaltet Anwälte ein. Seine Planungen und Entwürfe sind unbrauchbar. Einige Projekte wie die Sanierung der Kita „Bergmännchen“ können gar nicht umgesetzt werden.

Seit Jahren arbeitet der Architekt mit seinem Planungsbüro in Magdeburg mit der Stadt Staßfurt zusammen. 2015 bekam er mit dem Auftrag, den Umbau der Kita „Pusteblume“ in Neundorf zu planen, ein Großprojekt.

Nach und nach schreibt die Stadt Staßfurt weitere Planungsleistungen für Sanierungsprojekte mit Fördermitteln aus – Kita „Bergmännchen“, Grundschule „Uhland“ mit Sporthalle, Schulzentrum Nord mit ihrem Mehrzweckgebäude, Kita „Benjamin Blümchen“ in Förderstedt.

All diese Aufträge bekommt der Architekt über die üblichen europaweiten Ausschreibungen. „Das Planungsbüro versicherte der Stadt, die Aufgaben bewältigen zu können“, so Fachbereichsleiter der Stadt Hans-Georg Köpper. Das Planungsbüro war renommiert und für andere Projekte im Land bekannt.

Aber es kommt zu Verzögerungen und Ungereimtheiten. Eltern fragen immer wieder nach, warum es auf den Baustellen nicht weitergeht. Fachbereichsleiter Hans-Georg Köpper umschreibt es so: „Planungsdefizite im Hinblick auf die Qualität und die Termineinhaltung wurden im Verlaufe des Jahres 2019 immer offensichtlicher.“

Im Februar 2020 hat Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD) dann alle Planungsunterlagen an eine Anwaltskanzlei gesandt, die Rückforderungsansprüche berechnen sollte. Das Ergebnis war verheerend, wie aus internen Unterlagen hervorgeht.

Beispiel Kita „Bergmännchen“ in Staßfurt: Der Planer wollte den Hort im Dach und im Keller unterbringen. Der Keller kann aber nicht ausgebaut werden, weil dort das Fundament des Hauses steht. Man hätte das Kaltdach nur mit enormen Kosten in das geplante Warmdach umbauen können. Das Haus eigne sich sowieso gar nicht zum Umbau in eine barrierefreie Kita, sagen die Gutachter. Die gesamte Planung ist nicht verwendbar. Die Stadt ist daher auch nicht gewillt, die Leistungen des Planers zu bezahlen.

Für die Sanierung der Uhlandschule in Staßfurt hat die Stadt mit dem Architektenbüro 2016 einen Vertrag geschlossen. Er sollte den Gebäudeumbau planen, Brandschutzkonzept und weiteres liefern. Bisher hängt man zeitlich sehr hinterher, Leistungen fehlen. Bisher wurde die Schule nur entkernt, ein Fahrstuhlschacht geplant und Rohbauarbeiten vergeben.

Hier wurde der Architektenvertrag ebenfalls gekündigt. „Ein neues Planungsbüro wurde beauftragt und die bisherigen Planungen ausschließlich überarbeitet und optimiert“, so Fachbereichsleiter Hans-Georg Köpper. „Ursprünglich sollte das Vorhaben bis Sommer 2020 abgeschlossen sein, durch die vollzogenen Änderungen nun entsprechend der Planung zum Ende 2021.“

„Architektenleistung nicht verwertbar“, war auch das Ergebnis der Überprüfung für die Sanierung des Schulzentrums Nord mit Hermann Kasten-Sekundarschule und Grundschule Nord. Das Planungsbüro wollte einen außenliegenden Rettungsweg und eine vorgehängte Fassaden anbauen lassen. Der äußere Rettungsweg ist aber gar nicht notwendig. Die vorgehängte Fassade, eine Dämmungstechnik, würde die Statik des Gebäude nicht mitmachen.

Auch hier wurde dem Planer der Vertrag gekündigt, ebenso wie für das kleinere Mehrzweckgebäude auf dem Schulhof in Nord, wo Grundschüler lernen. „Ein neuer Planer wurde ebenfalls beauftragt. Die Planungen wurden überarbeitet“, so Hans-Georg Köpper. Die Baumaßnahme zieht sich nun statt bis Februar 2021 bis Ende 2021.

Die Kita „Benjamin Blümchen“ in Förderstedt und die Kita „Pusteblume“ in Neundorf darf der Architekt fortführen, weil er dort den Großteil der Leistungen erbracht hat. Allerdings hatte es auch bei der Kita Förderstedt schon gestockt. Es stellte sich heraus, dass das Gebäude gar nicht standsicher ist und überhaupt nicht mehr brauchbar ist. Der Planer musste einen Neubau entwerfen. „Die zukünftige Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro, dem man bei mehreren Vorhaben kündigen musste, dürfte schwer vorstellbar sein“, so Köpper.

Fazit: Dem Architekturbüro musste die Stadt fünf Verträge kündigen. Die Stadt fordert vom Planer insgesamt 281 396 Euro über Anwälte ein.

Sechs Millionen Euro Fördermittel und damit öffentliche Gelder wären in den Sand gesetzt worden, hätte man die Reißleine nicht gezogen. Die einzige Chance, so Köpper, um „die Fördervorhaben nicht weiter zu gefährden.