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Straßen Schluss mit besseren Straßen?

Werden die Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt wirklich abgeschafft? In manchen Kommunen liegen die Bauarbeiten auf Eis.

19.12.2019, 18:48

Staßfurt/Egeln/Hecklingen/Güsten l Widerstand gegen die eigene Verwaltung regt sich in Staßfurt: Das Rathaus will aktuell Straßenausbaubeiträge von Anwohnern kassieren, auch wenn die Abgabe bald in ganz Sachsen-Anhalt abgeschafft werden könnte. Stadtrat Ralf-Peter Schmidt (UBvS) ruft daher öffentlich alle Fraktionen auf: „Wir müssen eine Aufschiebe-Regelung entwerfen.“

Hintergrund: Wenn Straßen saniert werden, müssen sich die Anwohner meist finanziell über „Straßenausbaubeiträge“ beteiligen und bekommen teilweise empfindlich hohe Bescheide von der Stadt. Genrell werden die Bescheide meist erst Jahre später an die Anwohner verschickt. Der Landtag in Magdeburg hat angekündigt, diese finanzielle Belastung für Bürger ein für allemal abzuschaffen. Nur ab wann, ist unklar.

„Auch andere Kommunen in unserer Umgebung kassieren keine Straßenausbaubeiträge mehr, aus Gründen der Fairness gegenüber den Bürgern“, so Stadtrat Schmidt. Aktuelle Beispiele sind Stendal oder Haldensleben. Die Verwaltung in Staßfurt hält dagegen. „Da unklar ist, wann die Beiträge abgeschafft werden sollen, richten wir uns nach der aktuellen Rechtslage“, so Wolfgang Kaufmann.

In Hecklingen dagegen gibt es tatsächlich eine „Aufschiebe-Regelung“. Im Herbst hat sich der Stadtrat dafür entschieden, die Straßenausbaubeiträge bis Ende des Jahres auszusetzen. Denn warum jetzt noch Bürger zur Kasse bitten, wenn die Abgabe ab 2020 gar nicht mehr gilt?

„Auf der einen Seite ist diese Situation verständlich und im Sinne der Bürger“, kommentiert Hecklingens Bürgermeister Uwe Epperlein (Wählergemeinschaft Hecklingen) den Beitragsstopp. „Auf der anderen Seite führen wir dadurch erst einmal keine Straßenbauarbeiten durch.“

Denn solange für das Hecklinger Rathaus nicht klar ist, ob das Land für die Beiträge der Bürger einspringen wird und in welcher Höhe, weiß man nicht, wie Straßensanierungen finanziert werden. Also wird auch keine Straße mehr angefasst. „Wir werden die 300.000 Euro, die wir jedes Jahr über die Investitionspauschale für Maßnahmen erhalten, sinnvoll woanders einsetzen“, so Epperlein.

Vermutlich werde das Geld, das das Land in Zukunft für den Straßenausbau zur Verfügung stellen will, nicht für alle Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt reichen, meint Epperlein. So werden auch Straßenerneuerungen langfristig heruntergefahren. „Dadurch haben die Kommunen dann noch weniger Mittel als jetzt schon zur Verfügung.“

In der Egelner Mulde hoffen Bürger auf die Abschaffung der Beiträge. Für die Baumaßnahme am Martin-Luther-Platz in Westeregeln wurden gerade die Bescheide mit Zahlungsaufforderung verschickt. „Es kamen etliche Widersprüche für den Fall, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden“, so Michael Stöhr (UWGE), Verbandsgemeindebürgermeister der Egelner Mulde. In Egelns Zentrum wird aktuell munter weiter gebaut, die Beiträge dazu werden aber erst Jahre später fällig.

Im Egelner Rathaus denkt man ebenso pragmatisch wie in Staßfurt: „Solange die Gesetzeslage so ist wie aktuell noch, können wir uns nicht aussuchen, ob wir die Beiträge erheben oder nicht“, so Michael Stöhr. Also sind die Beiträge fällig. Da der Verbandsgemeinderat kein Aussetzen angeordnet hat, handelt die Verwaltung weiter wie gewohnt.

Michael Stöhr kann sich im Moment nicht so richtig vorstellen, wie es in Zukunft ohne die Beiträge der Anwohner weitergehen soll. Die 40 Millionen Euro pro Jahr, die für alle Kommunen im Land in Aussicht gestellt wurden, würden nicht reichen. „Der Bedarf ist sicher höher“, so Stöhr. „Und wer soll dann darüber entscheiden, wie die Mittel verteilt werden? Jemand in Magdeburg?“ Auch er denkt, dass dann in den nächsten Jahren nichts mehr an den Straßen der Region passiert.

In Güsten bleibt man angesichts der Ideen im Landtag erstmal gelassen. Die Neundorfer Straße soll dort 2020 auf jeden Fall ausgebaut werden. Bürgermeister Helmut Zander (SPD) erklärte kürzlich, die Stadt müsse Straßenausbaubeiträge für diese Bauarbeiten einberechnen. Und wenn sich im Landtag etwas tut, müssen die Rechnungen dann doch nicht an die Anwohner verschickt werden.

In Staßfurt will man sich ab sofort 180.000 Euro von Anwohnern der Krummen Straße holen, die zwischen 2014 und 2018 ausgebaut wurde. Der Stadtrat hat gestern Abend entschieden, dass die Beiträge kassiert werden sollen, trotz der Aussagen im Vorfeld, die in eine ganz andere Richtung gingen.

Denn einige Stadträte hatten sich für das Aussetzen der Beiträge ausgesprochen. Ullrich Leubeling (SPD/Grüne) meinte: „Wir sollten die Beiträge vielleicht nicht aufheben, aber verschieben und die Bürger so entlasten.“ Matthias Büttner (AfD) sagte: „Wenn es darum geht, die Bürger zu entlasten, bin ich dabei.“ Hans-Jürgen Lärz (CDU) erklärte: „Das ist ein wichtiges Thema, das kann man nicht einfach so wegwischen.“