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Vereinswechsel Tafel soll wieder ans Licht kommen

Seit Montag ist der neue Verein für Soziales und Betreuung offiziell Träger der Staßfurter Tafel.

29.05.2019, 10:00

Staßfurt l Frischer Wind, neues Glück. Die Staßfurter Tafel samt Medientreff und Nähstube wurde jetzt vom neuen Staßfurter Verein für Soziales und Betreuung (VSB) übernommen. Dieser kann seit Montag mit seiner Eintragung ins Vereinsregister offiziell agieren. Schon Anfang des Jahres war Steffen Globig als neuer Leiter mit dem Verein in Gründung ins Tafel-Büro eingezogen und von der ehemaligen Leiterin Irene Hänsch eingearbeitet worden, bevor sie im März verabschiedet wurde (Volksstimme berichtete).

Globig, ehemaliger Verbandsgemeindebürgermeister von Saale-Wipper, ist seitdem mit der Rundum-Erneuerung der Staßfurter Tafel beschäftigt. Computer und moderne Technik stehen jetzt im Büro. Der Vorraum und Eingangsbereich sollen demnächst renoviert werden, dann der Rest des Gebäudes nach und nach.

„Wir überlegen, ob wir ein Schild ans Haus anbringen. Auf der einen Seite wird die Tafel dann bekannter und präsenter und wir erhalten vielleicht mehr Spenden aus der Bevölkerung. Auf der anderen Seite fühlen sich Menschen, die uns besuchen, dann vielleicht erkannt, wenn sie hereinkommen. Das müssen wir noch entscheiden“, sagt Globig.

Die Nähstube, wo auch die Schärpe der Salzfee genäht wird, und der Medientreff im Obergeschoss des Kaiserhofs seien über die Jahre eingeschlafen, findet Globig. „Viele wissen gar nicht, dass jeder in die Nähstube kommen und dort kostengünstig Kleidung reparieren lassen kann.“

Eine feste Mitarbeiterin leitet in der Nähstube bis heute Menschen in Arbeitsgelegenheiten vom Jobcenter an. Früher wurden dort einst die Kostüme des Staßfurter Karnevals genäht, da war ständig Leben im Haus.

Im Medientreff hatten früher Vereine ihr Zuhause. Seit zwei Jahren passiert dort gar nichts mehr. „Deswegen bin ich hergekommen, um all das wiederzubeleben“, so Globig.

Die Tafel soll demnächst wieder mehr ans Licht der Öffentlichkeit gehen. Das Spendenkonto wird jetzt wieder aktiv beworben. Eine Internetseite samt Öffnungszeiten soll es geben und einheitliche T-Shirts für die Mitarbeiter. Auch für die Kleiderkammer und den Unkostenladen, wo zum Beispiel eine Tasse für 10 Cent zu erwerben ist, werden Bürger gebeten, dass sie dort nicht mehr gebrauchte Alltagsgegenstände und Kleidung abgeben können.

Das Herzstück des Kaiserhofs aber ist und bleibt die Tafel. Diese muss, so hat es auch die Stadt gefordert, unbedingt erhalten bleiben. Über das Jobcenter finden dort aktuell acht Menschen in Arbeitsgelegenheiten eine Beschäftigung. Neun weitere Tafel-Helfer kommen freiwillig, ohne Bezahlung in ihrer Freizeit. Das sind meist Frauen, die selbst von der Tafel versorgt werden.

Bald, so Globig, kann die Fahrerin des Tafel-Transporters und die stellvertretende Leiterin – Petra Schulze ist seit zehn Jahren dabei – über ein Förderprogramm angestellt werden, wobei die öffentliche Hand den Großteil des Gehalts zahlt und der gemeinnützige Verein so finanziell entlastet wird. Weitere Programme wie der Bundesfreiwilligendienst sollen das Personal der Tafel in diesem Jahr erweitern.

„Hier ist ein schöner Effekt entstanden: Menschen, die selbst bei der Tafel essen, helfen mit, dass die Versorgung reibungslos läuft“, erklärt Globig. Über einen festen Wochenplan sind die Freiwilligen tageweise für den Tafeldienst eingeteilt. „Uns macht es einfach Spaß, wir sind eine Gemeinschaft“, sagt Petra Schulze.

Jeden Morgen fahren die Tafel-Leute mit einem Transporter die Märkte in Güsten, Aschersleben und Staßfurt ab und kommen mit einem Kofferraum voller Obst, Gemüse und Co. zurück, das zum Kochen und für die Lebensmittel-Beutel benutzt wird, die die Bedürftigen mit nach Hause nehmen.

Von morgens bis mittags sind die Tafel-Leute beschäftigt. Sie sortieren die Lebensmittelspenden der Supermärkte, kochen und helfen in der Küche, geben das Mittagessen aus und waschen ab.

Rund 50 Mittagessen werden pro Tag bei der Tafel gegessen. Zwei Mal pro Tag werden die Lebensmittel-Beutel ausgegeben. Um die 200 Beutel verlassen die Tafel pro Woche. Demnächst soll eine Außenstelle in Förderstedt aufgebaut werden, um einmal pro Woche Lebensmittel-Beutel auszuteilen.

Ein Mittagessen in der Tafel kostet übrigens zwei Euro. Dafür und auch für den Unkostenladen und die Kleiderkammer müssen die Gäste einen Tafel-Ausweis vorlegen. Den erhalten sie nach dem Nachweis, dass sie am Existenzminimum leben. Am Wochenende ist die Tafel übrigens geschlossen.

Seinen Ursprung hat der neue Staßfurter Verein, der jetzt die Tafel verantwortet, im Vorgänger, dem Verein Integration, Beschäftigung und Soziales aus Lutherstadt Eisleben. Globig hatte sich zunächst in Eisleben in alle Bereiche des sozialen Trägers eingearbeitet, bevor er neuer Leiter der Tafel wurde und dafür der Staßfurter Verein gegründet wurde.

Der Eislebener Verein zieht sich aktuell langsam aus Staßfurt zurück. Als Grund gab der Vorsitzende Wolfgang Fischer an, dass in der Region Staßfurt vermehrt gemeinnützige Organisationen aus Staßfurt und Umgebung zum Zuge kommen sollen und daher ein ortsfremder Verein wie der Eislebener auch weniger Arbeitsgelegenheiten in Staßfurt einsetzen kann.

Für 2019 hatten die Stadt und der Eislebener Verein eine Übergangszeit vereinbart, bis der neue Verein offiziell übernehmen kann. Ab 2020 will die Stadt Staßfurt den Kaiserhof an einen Betreiber neu vergeben, der vor Ort mehr soziale Zwecke als heute anbieten soll. Es heißt, mehrere große Unternehmen aus dem sozialen Bereich seien interessiert und würden sich bewerben wollen.

Der neue Staßfurter Verein will ganz klar auch 2020 bleiben. Globig schreibt zur Zeit an einem Konzept für den Kaiserhof. Die Ideen reichen von Beratungen über Angebote für Freizeit, Kultur und Jugend bis hin zu Senioren.

Im September 2019 soll der Stadtrat entscheiden, welcher Bewerber die Tafel in Zukunft übernehmen soll.

Was allerdings mit den Werkstätten im maroden und feuchten Keller und dem ruinösen Tanzsaal werden soll, ist Globig ein Rätsel. „Mit welchem Geld soll eine gemeinnützige Organisation das umsetzen?“, spielt er auf den Sanierungsstau an. „Hier wurde jahrelang nicht investiert.“

Ab 2020 will die Stadt zwei Euro pro Quadratmeter Miete für den Kaiserhof nehmen, auch für 162 Quadratmeter im Keller. Globig findet das bei den hohen Betriebskosten der Tafel schwierig. Bisher gab es die Tafel mietfrei von der Stadt.

Der Verein weist auf das Spendenkonto für die Tafel hin: Kontoinhaber: VSB

IBAN: DE71 8005 5500 0201 0435 03

BIC: NOLADE21SES