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Versorgung Ärzte mit einem Stipendium locken

Mit einem Stipendium will die Stadt Staßfurt in Zukunft Ärzte an sich binden.

03.04.2018, 06:00

Staßfurt l Das Staßfurter Stipendium soll so funktionieren: Nach dem Studium absolviert ein angehender Mediziner seine Facharztausbildung für Allgemeinmedizin am Ameos-Klinikum Region Ost (16 Einrichtungen von Haldensleben bis Halberstadt). Während dieser fünf Jahre erhält er oder sie ein Stipendium von der Stadt Staßfurt von monatlich 500 Euro. Im Gegenzug verpflichtet sich der Auszubildende, mindestens genauso lange in Staßfurt als Arzt zu praktizieren. Die 6000 Euro pro Jahr zahlt die Stadt.

Das Ausbildungsprogramm „Facharzt für Allgemeinmedizin“ existiert bereits seit einigen Jahren an den Ameos-Kliniken im Osten Deutschlands. 2016 hatten elf junge Menschen das Programm angefangen. Nur noch fünf sind noch heute dabei, zwei davon in Staßfurt.

Diese Quote zeigt, wie schwer es ist, junge Mediziner zu binden. Oft studieren sie irgendwo fernab der Heimat, auch wegen des Numerus clausus, der hohe Wartezeiten mit sich bringt. Dann verschlägt es sie wieder zurück in die Heimat oder ganz woanders hin.

Mit dem Stipendium wird die Stadt Staßfurt Vorbild für andere Regionen sein, sagt Krankenhausdirektor der Ameos-Klinika Staßfurt und Aschersleben, Sebastian Lehotzki. Er hat das Projekt in den Leitbildprozess der Stadt Staßfurt eingebracht. „Es ist für uns das erste Projekt für die Ausbildung zum Allgemeinmediziner.“ Andere Stipendien laufen bisher fachlich allgemein gehalten. Stipendien, wo eine Kommune als Geldgeber auftritt, gibt es nur wenige in Sachsen-Anhalt, zum Beispiel in Osterburg in der Altmark.

Wenn es nach der Klinikleitung geht, könnte der erste Stipendiat schon im Herbst anfangen. Voraussetzung dafür ist das Ja des Stadtrats, der das Stipendium als Teil des neuen Leitbilds im April beschließen soll.

Danach will die Klinikleitung einen Kriterienkatalog aufsetzen, mit dem mögliche Kandidaten in die engere Wahl gezogen werden können. Vergeben wird das Stipendium dann gemeinsam mit der Stadt Staßfurt, die letztendlich zahlt. Der Vertrag zum Stipendium wird zwischen dem Auszubildenden und der Stadt geschlossen, während der Ausbildungsvertrag klassisch über Ameos läuft.

Derzeit ist erst einmal ein Stipendiat pro Jahr vorgesehen. Mehrere wären aber möglich. Letztendlich entscheidet der Stadtrat, wie viel sich die Stadt das Projekt kosten lässt.

Die Kommune Staßfurt ist beim Stipendium der alleinige Geldgeber, schließlich profitiert die Stadt samt Ortsteilen. Der angehende Arzt soll sich hier mit einer eigenen Praxis niederlassen oder die Praxis eines Arztes im Ruhestand übernehmen. Für einen Stipendiaten fallen 6000 Euro pro Jahr an. Während das Geld für das erste Jahr noch aus Fördermitteln des Landes für den ganzen Leitbildprozess kommt, muss die Stadt das Geld in den Folgejahren selbst aufbringen.

Das Unternehmen Ameos ist vor einigen Jahren in die Ausbildung von Ärzten eingestiegen, weil der Ärztemangel immer akuter wird. So eine Ausbildung ist in kleinen Praxen auf dem Lande und in kleinen Städten kaum möglich. Die hochkomplexe Fachausbildung der Ärzte mit verschiedenen Fachbereichen allerdings kann ein Groß-Unternehmen wie Ameos gewährleisten.

Es ist hierbei nicht das Ziel von Ameos, so Sebastian Lehotzki, Arztpraxen zu übernehmen, sondern sie zu unterstützen: „Die ärztliche Versorgung muss immer ein System aus Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten sein.“

Die Klinikleitung sieht die Hausarztausbildung als Paket, das auch die Zeit nach der Ausbildung einschließt. Auch dabei wird der junge Arzt an die Hand genommen, was das Unternehmertum anbelangt. Immerhin muss er sich selbständig machen, Buchhaltung und Lohnabrechnung selbst führen - eine Herausforderung, die viele vor der eigenen Praxis abschreckt.

An das Projekt kann unmittelbar ein zweites Projekt aus dem Leitbildprozess anschließen: Ein Marketingkonzept für die Stadt soll Staßfurt als attraktiven Ort zum Leben anpreisen. Hier können, so die Projektanten, Kitaplätze und bezahlbarer Wohnraum als Vorzüge der Stadt im Vergleich zu großen westdeutschen Städte für Staßfurt sprechen.

Ameos wirbt schon jetzt deutschlandweit direkt an Universitäten für die Hausarztausbildung an den verschiedensten Klinikstandorten und wird dies auch beim Stipendium tun. Auch bei den Medizinstudenten, die etwa in Magdeburg studieren und ihr praktisches Jahr (PJ) innerhalb des Medizinstudiums an den Ameos-Klinika absolvieren, sowie innerhalb des Unternehmens wird das „Staßfurt-Stipendium“ schon jetzt ins Gespräch gebracht.

Mit dem Faktor „Heimat“ müsse man die potenziellen Stipendiaten gezielt ansprechen, findet Sebastian Lehotzki. Viele junge Menschen wollen nach ihrer Ausbildung zurückkehren. „Viele Menschen, die sich bei uns bewerben, geben als Grund mit an, dass sie sich mit ihrer Heimat sehr verbunden fühlen. Das habe ich so oft wie hier noch nirgendwo gehört.“