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Heimatverein Bäckerei wird wieder zum Leben erweckt

In Hohenerxleben will der Heimatverein historische Bäckerausstattung wieder nutzbar machen und die Heimatstube erweitern.

Von Franziska Richter 03.08.2021, 17:13
Die alte Bäckerei in einer Ausstellung zu zeigen und die Gerätschaften wieder zum Backen zu nutzen – das war schon immer ein Traumprojekt von Ursula Pennigsdorf, der Vorsitzenden des Heimatvereins Hohenerxleben. Jetzt können es die Mitglieder  in die Tat umsetzen.
Die alte Bäckerei in einer Ausstellung zu zeigen und die Gerätschaften wieder zum Backen zu nutzen – das war schon immer ein Traumprojekt von Ursula Pennigsdorf, der Vorsitzenden des Heimatvereins Hohenerxleben. Jetzt können es die Mitglieder in die Tat umsetzen. Foto: F. Richter

Hohenerxleben - Heute kommen Brot und Brötchen aus dem Regal im Supermarkt. Kaum jemand aus der jüngeren Generation hat noch vor Augen, wie früher einmal Säcke geschleppt wurden, in riesige Tröge kiloweise Mehl gekippt wurde und der Teig Stunden um Stunden mit aller Kraft bearbeitet wurde.

In Hohenerxleben ist die Erinnerung daran noch präsenter. Bäcker Nordmann war die Traditionsbäckerei schlechthin. Den Laden mitten im Ort gab es über 100 Jahre. Auf der berühmten „Nordmann-Bank“ nahmen die Kunden Platz, die auf ihre bestellten Brötchen warteten. Kinder durften den großen, heißen Ofen bestaunen: Wie ihn der Bäcker öffnete, um die Börtchen hineinzuschieben.

Eines der Kinder, das damals mit leuchtenden Augen dem Bäcker Nordmann am Ofen zuschaute, war Ursula Pennigsdorf. Heute als „Uschi I.“ und Chefin des Heimatvereins Hohenerxleben bekannt, hat sie solche Bilder noch genau vor Augen. „Bäcker Nordmann war eine Institution im Dorf“, sagt sie. Deswegen war für sie und die beflissentlichen Damen vom Heimatverein klar, dass das Mobiliar und die Ausstattung von Bäcker Nordmann unbedingt erhalten bleiben muss, als der Laden vor einigen Jahren verkauft wurde.

Die Familie hinterließ dem Heimatverein Hohenerxleben alles. Einige der Gerätschaften seien über 100 Jahre alt, meint Ursula Pennigsdorf. Vieles war noch bis zur Schließung des Ladens im Verkaufsraum zu sehen. Daran können sich auch jüngere Hohenerxlebener noch erinnern.

Schätze geborgen und in der Heimatstube gelagert

All diese Schätze hatte der Heimatverein Hohenerxleben zunächst einmal sicher bei der alten Schule verstaut, wo auch die Heimatstube ist. Mittlerweile hat der Verein auch den Teil des kleineren Gebäudes nebenan, früher einmal Hort, von der Wobau gekauft. Dort warten nun Teigrührmaschine, Brötchenautomat, Backtrog und das Mobiliar darauf, wachgeküsst zu werden.

Dort soll nun endlich die alte Bäckerei wieder hergerichtet werden. In einem großen Raum stellen sich die rund 20 aktiven Mitglieder vom Heimatverein eine historische Schaubäckerei vor. Erst einmal soll dort renoviert werden, neuer Anstrich, neue Fenster und neuer Fußboden.

Und dann sollen die alten Geräte wieder in Betrieb genommen werden. Bis auf einige kleine Reparaturen sei alles noch funktionsfähig, meint Ursula Pennigsdorf. Der Großteil wird sowieso manuell angekurbelt und per Hand bedient.

Zusätzlich soll ein neuer Ofen angeschafft werden. Ingo Brauer, ein alteingesessener Hohenerxlebener, will beim Aufstellen helfen und sich an die Reparatur einiger Geräte machen.

Die Damen wollen dann ab und an backen wie früher – kneten, abwiegen, formen und ab in den Ofen damit. „Wahrscheinlich werden hier Kuchen backen, wenn Feste anstehen, wie zum Beispiel das Heimatfest“, sagt Ursula Pennigsdorf. Auch Brot soll wie in alten Zeiten gebacken werden. Das übe eine Dame des Heimatvereins derzeit schon.

Die historische Bäckerei stünde dann auch offen, wenn die Heimatstube öffnet. Das ist immer zu gewissen Veranstaltungshöhepunkten wie dem jährlichen Tag der offenen Tür möglich oder auch nach Anmeldung.

Wie früher einst per Hand gebacken wurde

Die Hohenerxlebener kennen auch Schulen, die regelmäßig mit ihren Klassen zu Besuch kommen und sich die Ausstellungsstücke von früher ansehen und erklären lassen. „Kinder sollen hier kennenlernen können, wie früher eine richtige Bäckerei funktionierte“, sagt Pennigsdorf.

Die Handwerksarbeiten für die Sanierung des Raums für die alte Bäckerei wurden schon ausgeschrieben. Finanziert werden sollen diese Arbeiten zusammen mit dem neuen Ofen, der zum Backen gebraucht wird, über den Fördertopf Leader, aus dem seit Jahren Millionen aus EU-Geldern in die Dorferneuerung und touristischen Attraktionen der Region fließen. In Hohenerxleben wurden bereits Straßen und das Dorfgemeinschaftshaus über solche Fördermittel erneuert.

Der Heimatverein hat sich für die Leader-Gelder beworben. Der Antrag dafür war gar nicht so schwierig, sagt Ursula Pennigsdorf. Einige Kopien, Formulare und eine Erklärung des Projekts brauchte es. „Von der neuen Förderung hatte ich in der Zeitung gelesen. Und da ich diese Idee schon länger mit mir herumtrage, habe ich die Chance ergriffen“, sagt die Vorsitzende des Heimatvereins.

Der Heimatverein hatte tatsächlich Glück und das Projekt der alten Bäckerei wurde für die Förderung ausgewählt. Die „Jury“, die über eine Vielzahl an Wünschen und Vorhaben im Bereich Staßfurt, Egeln und Hecklingen entscheidet, hatte die Idee aus Hohenerxleben auf Platz 7 von insgesamt 15 auf einer Rangliste gesetzt. 75 Prozent der Kosten werden übernommen.

„Das Projekt aus Hohenerxleben ist bestätigt“, informiert hierzu Susanne Epperlein von der Stadt Staßfurt, die die Übersicht über die Leader-Fördermittel hat. „Die ersten acht Projekte dieser Liste sind so gut wie sicher.“

Gemeinsam mit der Stadt, der „Leader-Jury“ und dem Heimatverein Hohenerxleben wurden die Anträge fertig gemacht. Nach einer Prüfung bei einer Landesbehörde rechnet man mit der schriftlichen Bewilligung ab Herbst dieses Jahres. Weil Fördermittel erst überwiesen werden, wenn alle Arbeiten fertig sind, hat sich der Heimatverein schon die Salzlandsparkasse als „kulanten“ Kreditgeber für das Projekt gesucht.

Die Preistafel von damals zeigt 66 Pfennig für die Semmel.
Die Preistafel von damals zeigt 66 Pfennig für die Semmel.
Foto: F. Richter
Die historischen Bäckereigerätschaften sind alle noch einsatzfähig, wie  diese große Teigrührmaschine (von vorn), eine Waage und ein Backtrog.
Die historischen Bäckereigerätschaften sind alle noch einsatzfähig, wie diese große Teigrührmaschine (von vorn), eine Waage und ein Backtrog.
Foto: F. Richter
Mit diesen Spritzbeuteln wurde früher einmal Gebäck verziert.
Mit diesen Spritzbeuteln wurde früher einmal Gebäck verziert.
Foto: F. Richter
Schränke und Kommoden der Bäckerei wurden übernommen, auch Kuchenformen, Waagen, Behälter oder diese Spritze für Marmelade.
Schränke und Kommoden der Bäckerei wurden übernommen, auch Kuchenformen, Waagen, Behälter oder diese Spritze für Marmelade.
Foto: F. Richter