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Ehrenamt Beim Filzen spielend Deutsch lernen

Eleonore Loof und Henning Sander organisieren Filz-Workshop für Flüchtlinge.

11.09.2015, 23:01

Stendal l Mit Filzen hatte Eleonore Loof eigentlich nie viel am Hut. Auch Henning Sander behauptet von sich, keine kreative Ader zu haben. Dennoch sind die beiden seit Juni in ihrer kreativen Hochphase. Das liegt vor allem an dem neuen Projekt, in dem sie sich seit Jahresbeginn ehrenamtlich engagieren, nämlich dem „Filzen für Zuwanderer und Einheimische“, einem Projekt der Kaschade-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Stendaler Wohnungsbaugenossenschaft.

Hier wuseln die beiden an fünf Tagen in der Woche ehrenamtlich mit Frauen aus Indien und Afghanistan mit bunter Wolle herum, wässern, rollen und formen die verschiedensten Utensilien für die Wohnung: Untersetzter, Stuhlkissen und Dekorationen. Wobei, das Kreative ist hier nur Mittel zum Zweck, denn eigentlich geht es bei dem Projekt darum, den Flüchtlingsfrauen die deutsche Kultur und vor allem die Sprache näher zu bringen.

„Es ist eine wunderbare Aufgabe“, schwärmt die 64-Jährige. Diese Frauen, die zu uns kommen, die meist in der Gemeinschaftsunterkunft wohnen, sind so aufgeschlossen und auch neugierig auf uns. Während wir uns mit dem Filzen beschäftigen, sprechen wir mit den Frauen auch immer Deutsch“, erklärt Eleonore Sander.

„Wir müssen den Flüchtlingen doch dabei helfen, sich hier zurecht zu finden. Man kann sie nicht einfach so sich selbst überlassen und dann sagen: So, jetzt integriert euch mal!“, ergänzt sie. Zum Filzen kam sie eigentlich eher zufällig.

„Seit Ende letzten Jahres bin ich zu Hause und habe gemerkt, dass mir eine Aufgabe fehlt. Etwas, um das ich mich kümmern kann und wo ich gebraucht werde“, sagt die 64-Jährige. Über einen Zeitungsartikel ist Eleonore Loof auf die Freiwilligenagentur in Stendal aufmerksam geworden und hat sich dort gemeldet und nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit gesucht.

„Das hat dann auch gut geklappt, weil das Filzprojekt ja auch gerade am Entstehen war. Da bin ich gleich mit eingestiegen“, erzählt sie weiter. Seitdem kümmert sie sich um alles, was für ein Gelingen des Projektes nötig ist, unter anderem darum, dass für das tägliche Filzen ausreichend Arbeitsmaterial da ist, um Fördermittel und Sponsoren und sie ist vor allem auch immer da, wenn die Frauen, die in die Filzwerkstatt kommen, einfach auch mal reden wollen – und wenn‘s mit der Sprache hapert, dann geht es auch mit Händen und Füßen.

Auch Henning Sander hat immer ein offenes Ohr für die Belange der Frauen, wobei, das muss er zugeben, diese bei Frauensachen dann doch eher zu Eleonore Loof gehen. „Aber in allen anderen Sachen finden sie bei mir auch immer Gehör.“ Da gibt es viele Sorgen und Nöte, vor allem die Wohnsituation geht vielen der Frauen an die Nieren. „Die Wohnungen in der Gemeinschaftsunterkunft sind beengt, das wissen wir“, sagt Sander. „Aber es soll ja auch keine Dauerlösung sein. Da ist einfach erstmal Geduld gefragt, das müssen wir den Frauen manchmal so sagen. Aber es hilft ihnen ja schon, wenn einfach mal jemand zuhört.“

Apropos zuhören: Wie ist das denn nun mit der Sprachbarriere? „Was wir versuchen, den Teilnehmerinnen während der Filzarbeiten beizubringen, sind Alltagsvokabeln“, so Sander. „Begriffe, die sich brauchen, wie Dinge aus der Wohnung oder die Körperteile, damit sie auch beim Arzt deutlich machen können, was ihnen fehlt. Aber natürlich, das reicht bei weitem nicht aus. Die Nachfrage, der Bedarf am Erlernen der deutschen Sprache ist so hoch, dass wir das mit dem Filzen allein nicht abdecken können.“

Und weil das so ist, bieten Eleonore Loof und Henning Sander in Absprache mit der Kaschade-Stiftung der Filzgruppe, die übrigens nur rein zufällig aus Frauen besteht, zwei Mal pro Woche reine Sprachkurse an. Mit Erfolg. An den jeweils dreistündigen Unterrichtseinheiten nehmen derzeit bis zu 15 Teilnehmerinnen teil, Tendenz steigend.

Es gibt also noch viel zu tun für Eleonore Loof und Henning Sander. Das ist den beiden Ehrenamtlern nur recht, denn mittlerweile haben sie sich voll und ganz dem Filzprojekt hingegeben und wünschen sich, dass es auch nach Ablauf der ersten Projektphase im Dezember dieses Jahres, weitergeht, „damit die Menschen merken, dass sie willkommen sind und wir noch viel mehr zusammenrücken“, sind sich die beiden einig.