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Gewalt Wenn Frauen in Not geraten

Gewalt gegen Frauen ist auch in Stendal kein unbekanntes Thema. Polizei und Beratungsstellen sind für Notfälle gewappnet.

13.11.2015, 23:01

Stendal l Meistens ist es der Anruf der Nachbarn, der die Polizei erreicht. Beschwerden über andauernde, laute Streitigkeiten in der Nebenwohnung, meist in den Abendstunden oder nachts. „Und dann müssen wir hin und nachsehen“, sagt Janet Dall, Polizeiobermeisterin beim Polizeirevier Stendal. Und dann wird‘s ernst. „Die Situation ist jedes Mal neu, man weiß nie, was einen erwartet“, so Dall weiter. Mal ist es wirklich nur ein lautstarker Streit, bei dem die Partner die Fassung verlieren, anstatt der Fäuste also „bloß“ böse Worte fliegen.

Und dann artet so ein Streit auch mal aus und einer der beiden schlägt zu. Meist ist es der Mann, der zuschlägt oder anders Gewalt gegen die Frau anwendet. „Aber es gibt auch den umgekehrten Fall“, sagt Janet Dall. „Nur das kommt nicht so häufig vor.“

Der erste Schritt für die Beamten vor Ort ist die Sicherheit für alle zu gewährleisten, in erster Linie die der Kinder. „Was wir dann zuerst prüfen: wo sind die Kinder und gibt es einen Hund“, sagt Janet Dall. „Wir gehen immer zu zweit, wenn wir gerufen werden. Dann kümmert sich einer um die Kinder und der andere versucht schon mal, die Situation zu entschärfen.“

In Fällen, in denen das nicht möglich ist, muss einer der Streithähne das Haus verlassen, übrigens immer der, der die Gewalt ausübt. Da die Übergriffe meist von Männern ausgehen, bleiben die Frauen mit den Kindern in der Wohnung zurück.

Um Opfer von häuslicher Gewalt kümmert sich im Landkreis Stendal übrigens ein gut aufgestelltes Netzwerk aus Polizei, Justiz, Soforthelfern und Beratungsstellen. Eine davon ist der Verein Miss-Mut. Hierher wenden sich Opfer sexualisierter Gewalt und häuslicher Gewalt sowie Stalking.

Knapp 600 Beratungen haben die Mitarbeiterinnen im vergangenen Jahr durchgeführt. Vereinsvorsitzende Sybille Stegemann spricht aber auch von einer hohen Dunkelziffer, vor allem im Bereich sexualisierte Gewalt. „Manche wollen oder können sich nicht offenbaren. Die kommen dann auch nicht zu uns in die Beratungsstelle.“ Stegemann versichert aber, dass die Beratungen absolut anonym erfolgen und die Schutzsuchenden ihre Anonymität nicht preisgeben müssen. Häusliche Gewalt betrifft alle Schichten, bestätigen Janet Dall und Sybille Stegemann. „Wir werden zu Streitsituationen in die sozialen schwachen Stadtviertel genauso gerufen wie in die gehobeneren Stadtteile“, so Dall.

Unterschiedlich sei allerdings die Art, mit der Situation umzugehen. „Die eine hat ein finanzielles Polster und kann sich nach einer Trennung schnell in einem neuen Zuhause einrichten“, so Stegemann. Das können Frauen aus soziale schwachen Schichten eben nicht.

In besonders heiklen Situationen finden Frauen im Frauenhaus Stendal Schutz. Besonders für Frauen mit Kindern bietet die Einrichtung optimale Bedingungen aus Schutz, Anonymität, Betreuung und Begleitung. Oft werden sie direkt von der Polizei ins Frauenhaus gebracht. Manchmal bleiben sie nur über Nacht, manchmal auch länger. Frauen in Notsituationen finden im Landkreis Stendal die Hilfe, die sie brauchen. 24 Stunden am Tag.