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Handwerker-Innung „Wir müssen bessere Anreize schaffen“

Mehr Lehrgeld, bessere Lernbedingungen und Praktika für Förderschüler - darüber diskutierte die Kreishandwerkerschaft Stendal.

Von Christian Bark 18.11.2015, 00:01

Stendal l „Der rapide Bewerberrückgang auf unsere Lehrstellen hat uns zu denken gegeben“, blickte der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Altmark, Bernhard Brauer, am Montagabend zurück. Gemeinsam mit Kreishandwerksmeister Norbert Nieder sowie Vertretern der Innungen und der Berufsbildenden Schulen (BBS) der Altmark beratschlagte er, wie man dem akuten Lehrlingsmangel begegnen könnte.

Dass sich das regionale Handwerk mittlerweile direkt an Schulen, Schüler und Eltern wendet, sahen alle Beteiligten als Fortschritt an. „Unser Infostand ist auch bei Gymnasiasten auf reges Interesse gestoßen“, schilderte Brauer die Erfahrungen, die er bei einer Aktion im Stendaler Hildebrand-Gymnasium gemacht hat. „Trotzdem bleibt das Problem, dass zu viele Schüler studieren sollen oder wollen, die besser in einer dualen Berufsausbildung aufgehoben wären.“

Eben diese 15 Berufsschulklassen überhaupt erstmal zu erhalten, wird von Jahr zu Jahr schwerer, wie von den BBS-Leitern aus Stendal und Salzwedel zu hören war. Glücklicherweise sei ihr Fortbestand für dieses Schuljahr bereits gesichert.

Große Probleme sahen die Innungsmeister in den Auffassungen vieler Eltern, dass ihr Kind unbedingt Abitur machen müsse. „Nicht jeder muss ein Intellektueller werden“, bemerkte Klaus Göring, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung, Klima (SHK) Westliche Altmark. Oft verdienten gute Facharbeiter wesentlich besser als Akademiker. Göring befürchtet jedoch, dass bald noch mehr Eltern ihre Kinder auf das Gymnasium schicken werden – aus Angst, dass auf den Sekundarschulen das Bildungsniveau aufgrund der vielen Flüchtlinge weiter absinke.

Abgesehen davon habe er in seinem Betrieb sehr gute Erfahrungen mit einem afrikanischen Praktikanten gemacht, die Sprache sei jedoch das größte Problem gewesen. Auch andere Innungsmeister berichteten von positiven Erfahrungen mit Flüchtlingen.

Um aber die deutschen Jugendlichen in die Betriebe zu holen, müsse das Handwerk schon ein besonderes „Bonbon“ bieten, wie Peter Lahmann, Leiter der BBS Salzwedel betonte. Bei Schülern und Eltern gerate oft in Vergessenheit, dass nach Ausbildung und nachgeholter Fachhochschulreife ein Studium für viele Lehrlinge möglich sei. Dann sogar mit gefestigter Berufserfahrung.

Eine zwangsläufige Erhöhung der Lehrlingsgehälter brachte Frank Rossau, Obermeister der Elekroinnung Salzwedel, ins Spiel. „Wir müssen bessere Anreize schaffen“, forderte er. Dazu gehöre es, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Dem Modell folge er bereits, bemerkte Göring. Für gute Leistungen gebe es bei ihm auch Bonizahlungen.

Ein weiterer Punkt des Abends war die Auswertung des Modellprojekts „Tag in der Produktion“ (TIP), bei dem auch Förderschüler die Möglichkeit erhielten, in den Betrieben Praktikumsluft zu schnuppern. Mitorganisatorin Gudrun Täntzler berichtete über die erfolgreiche Bilanz des Projekts. „Schade, dass das Projekt vorerst einmalig bleibt“, bedauerte sie und äußerte, auch mit Blick auf die Landesregierung, ihre Hoffnung auf eine Fortsetzung.