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Flüchtlingspolitik Wo Grenzgänger zu Hause sind

In Stendal wird das ehemalige Gelände der DDR-Grenztruppen zu einer Zentrale Anlaufstelle (Zast) des Landes für Flüchtlinge umgebaut.

Von Bernd-Volker Brahms 19.11.2015, 11:59

Stendal l Beim Sommerfest der Landes-CDU in Magdeburg am 7. September kam die Nachricht heraus, dass Stendal 2016 eine Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge bekommen soll. Sie soll Platz bieten für 1000 Menschen. Bisher gab es Sachsen-Anhalt eine Zentrale Aufnahmestelle (Zast) nur in Halberstadt.

Als Standort für die Stendaler Zast hatten sich die Verantwortlichen im Innenministerium auf das ehemalige Grenztruppengelände an der Gardelegener Straße verständigt. Die Vorteile lagen dabei auf der Hand: Das Gelände ist im Bundesbesitz und steht seit mehr als zehn Jahren leer und steht somit schnell zur Verfügung. Insbesondere die zwei fünfgeschossigen Plattenbauten dürften relativ schnell zu Wohnungen umgebaut werden können.

In einer ersten Reaktion sprach Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) von einem „kleinen Konjunkturprogramm“, das mit der Schaffung der Zast einhergeht. Nicht nur Handwerksbetriebe bekommen durch den Umbau Arbeitsaufträge auch Personal wird für die Anlaufstelle benötigt. Für den Ausbau rechnet das Land mit Ausgaben in Höhe von rund 20 Millionen Euro.

In einer ersten Vorausschau war Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) Anfang September davon ausgegangen, dass die Stendaler Zast bereits Mitte 2016 belegt werden könne. Dieser Zeitplan dürfte nicht zu halten sein, wie es aus dem Landratsamt und dem Rathaus inoffiziell heißt.

Vom zuständigen Finanzministerium in Magdeburg sind zu den Ausbauplänen derzeit nur spärliche Informationen zu erhalten. Auf die Anfrage, wann mit dem Bau begonnen werde, teilt Sprecherin Rotraud Schulze lapidar mit: „Es wurde ja bereits ein Zaun um die Gebäude gebaut.“ In der Tat wurden gleich nach Bekanntwerden der Umnutzung des ehemaligen Grenzerkomplexes Zäune um die Hauptgebäude errichtet. Auf jeden Fall sind verkürzte Ausschreibungsfristen für die Bauabschnitte vorgesehen, so dass die Realisierung beschleunigt wird.

Der Zaun sei noch von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in Auftrag gegeben worden, heißt es aus dem Finanzministerium. Der Bund sei gewillt, das Areal dem Land Sachsen-Anhalt unentgeltlich zu überlassen.

Der Immobiliendienstleister des Bundes hatte jahrelang erfolglos versucht das mittlerweile rund 45 Jahre alte Objekt zu vermarkten. Seit mehr als zehn Jahren sind die Hauptgebäude ungenutzt, einige Häuser wie das ehemalige Offiziersheim noch länger. Die Gebäude sind in einem desolaten Zustand, wie eine Fotoexkursion der Volksstimme zeigt.

Noch 2002 waren die Verwaltungsgebäude saniert worden. Bis 2004 waren dort Polizei, Staatsanwaltschaft und auch das Kreiswehrersatzamt dort untergebracht. Auch eine Großküche war dort beheimatet. Viele Stendaler erinnern sich sicherlich an das ehemalige Offizierskasino, in dem nach der Wende neben Gastronomie auch das Biber-Kino von 1994 bis 1997 von Wolfgang Liebisch betrieben wurde, ehe dieser mit der „Kino-Klappe“ ins Haus der Bauarbeiter an die Moltkestraße umzog.

Nach dem Auszug der Behörden und Gewerbe wurden die Gebäude vielfach von Plünderern heimgesucht, auch einige Brände hat es dort gegeben. Auf dem rund 36 Hektar großen Areal wurde 2003 ein Gebäude für das Technische Hilfswerk (THW) errichtet, außerdem ist der Zoll dort bis heute ansässig. Einige Garagen sind noch vermietet, genauso wie ein Gebäude am angrenzenden ehemaligen Sportplatz, wo ein Motorradclub sein Vereinshaus noch hat.