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Migrationsarbeit Kindern früh eine Chance geben

Viele Flüchtlingskinder im Vorschulalter bekommen keinen Platz in Kindereinrichtungen. Der DRK-Club "Amicus" hat sich jenen angenommen.

Von Anne Toss 20.11.2015, 00:01

Stendal l „Was ist das?“, fragt Ines Ranke, Leiterin des DRK-Treffs, mit Blick auf einen Apfel in ihrer Hand. 14 Jungen und Mädchen schauen sie gespannt an. „Ein A-p-f-e-l“, spricht sie langsam und deutlich vor. Und die Kinder sprechen ihr nach. Erst etwas zögerlich, doch dann immer lauter. „Und wie schmeckt der?“ „Lecker, lecker, lecker“, ruft der sechsjährige Mahmoud aus Afghanistan. Ines Ranke freut sich und lacht: „Manche sind erst zum zweiten Mal hier. Es ist toll zu sehen, wie gut sie schon mitmachen“, berichtet die Leiterin.

Die 14 Kinder, die sich im Kreis um die Schale mit Äpfeln gesetzt haben, kommen aus Bosnien, Syrien, Afghanistan oder Palästina. So unterschiedlich wie ihre Herkunft, sind auch ihre Fähigkeiten, Erlebnisse und Erfahrungen. Gemeinsam haben sie allerdings eines: Sie alle sind im Vorschulalter und haben keinen Platz in einer Kindereinrichtung bekommen.

Seit Anfang des Jahres werden in der Einrichtung „Amicus“ deshalb Deutschkurse für Kinder angeboten, deren Eltern nach Deutschland geflüchtet sind und nun auf ihr Asylverfahren warten. „Anfang 2015 waren rund 60 dieser Kinder in Stendal ohne Kindergartenplatz“, erzählt Ranke. 15 davon wurden von ihr und ihrem Team bis zu deren Einschulung im September betreut – mit Erfolg: „Die Rückmeldungen von den Bildungsinstitutionen sind durchweg positiv“, berichtet die Leiterin des Clubs, „wir hören oft, dass unsere Kinder super sind“.

Und auch zurzeit treffen sich Ines Ranke und „Amicus“-Mitarbeiterin Tanja Noak wöchentlich für zirka zwei Stunden mit 19 Kindern. Jene sollen auf den Schulbeginn im nächsten Jahr vorbereitet werden. Bei dem Projekt steht die deutsche Sprache zwar im Mittelpunkt, die Mitarbeiter möchten allerdings weitaus mehr vermitteln: „Die Kinder sollen auch Regeln kennenlernen“, sagt Ranke. Zum Beispiel sei ihr beim Ausschneiden das Ergebnis nicht so wichtig. „Wichtig ist, dass sie hören, verstehen und dann reagieren“, fasst die gebürtige Brandenburgerin zusammen.

Tanja Noak ist bei der Zusammenarbeit vor allem die große Dankbarkeit der Eltern aufgefallen. „Sie bedanken sich jedes Mal bei uns, wenn sie ihr Kind abholen“, erzählt sie. „Den Eltern ist die Bildung der Kinder total wichtig“, fügt Ines Ranke hinzu.

Die Migrationsarbeit stößt vor allem bei den Räumlichkeiten an ihre Grenzen: „ Wenn alle 19 Kinder da sind, ist es eigentlich zu viel“, berichtet Ranke. Die zwei Wohnungen in der Stadtseeallee seien dafür nicht ausgelegt. „Wir haben auch keine Ausstattung“, sagt Ranke, „das heißt, ich schleppe alles von A nach B“.

Aber auch hier geht es voran. Denn von dem Preisgeld der Altmärkischen Bürgerstiftung Hansestadt Stendal sollen kleine, stapelbare Möbel angeschafft werden. „Das soll noch in diesem Jahr in Auftrag gegeben werden“, so Ines Ranke.