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Energiewende Der Strom wird immer grüner

Experten diskutierten in Stendal über wirtschaftlichem Nutzen und die Akzeptanz von ökologischer Energieproduktion.

Von Bernd-Volker Brahms 21.11.2015, 00:01

Stendal l Langsam nimmt der neue Windpark in Hüselitz Form an. Es ist nicht mehr zu leugnen, dass die Energiewende auch in Stendal angekommen. Es stehen zwar schon nahezu 250 Windräder im Landkreis Stendal. Doch was 15 Kilometer südlich von Stendal entstehet, hat eine neue Dimension. Rund 240 Millionen Euro werden investiert. Die geplante Energieleistung von 310 Millionen Kilowattstunden sei geeignet, um damit die acht größten Städte in Sachsen-Anhalt mit Strom zu versorgen, sagte Geschäftsführer Dietmar Knünz am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung im Katharinenforum in Stendal.

Titel der Podiumsdiskussion war „Vielfalt und Nachhaltigkeit – Energieversorgung mit Augenmaß“. Neben der CDU-nahen Stiftung waren auch die Stadtwerke Stendal Gastgeber der Veranstaltung.

„Wertschöpfung“ war das Zauberwort. „Es ist das Problem, dass hier zwar investiert wird, aber die Wertschöpfung nicht in der Region bleibt“, sagte Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU). Das heißt, die Firmen hätten nicht ihren Sitz in der Region und würden dementsprechend Gewerbesteuern woanders zahlen.

Neben der Akzeptanz in der Bevölkerung für die Umsetzung der Energiewende hin zu einem Strommix ohne Atomenergie sei sein politisches Ziel, die Wertschöpfung im Land zu behalten, sagte Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU). Eine Frau aus dem Publikum merkte an, dass ganze Dorfgemeinschaften im Streit zu zerfallen drohen, wenn einzelne Landverpächter finanziell stark von Windkraftanlagen profitieren, der Rest aber lediglich nur mit den negativen Nebenerscheinungen wie Lärm und Schattenwurf konfrontiert wären. „Es gibt in anderen Regionen schon genossenschaftliche Modelle, bei denen viele profitieren“, sagte Minister Aeikens. Dies müsse im Land forciert werden, um Akzeptanz zu erhalten.

Geschäftsführer Knünz vom Windpark Hüselitz betonte, dass die beteiligten Firmen seines aus 42 Anlagen bestehenden Windparks ihren Sitz in Stendal und Tangerhütte hätten und die Gewerbesteuern zu 100 Prozent dort gezahlt werde. Auch viele Bauaufträge seien an Firmen aus dem Landkreis gegangen. Man werde rund 30 Dauerarbeitsplätze für die kommenden 20 bis 30 Jahre schaffen, sagte Knünz.

„Wir haben in den vergangen 25 Jahren enorme Fortschritte gemacht“, sagte Hans-Joachim Hermann, Vorsitzender des Verbandes kommunaler Unternehmer. Er sprach davon, dass bis kurz nach der Wende in Wittenberg, das Abwasser der 50 000 Einwohner großen Stadt über 13 Abflüsse einfach in die Elbe lief. Auch kommunale Versorger seien früh in ökologisch sinnvoll Versorgungen eingestiegen. So habe sei Stendal im Land Vorreiter bei der Kraft-Wärme-Koppelung gewesen. 1993 wurde eine Heizkraftwerk gebaut, wie Stadtwerke-Geschäftsführer Thomas Bräuer erläuterte. Hermann und Bräuer gaben Minister Aeikens und auch dem Bundestagsabgeordneten Jörg Hellmuth (CDU) mit auf den Weg, dass die Politik bei der Besteuerung Augenmaß halten müsse, um die Energie für den Verbraucher nicht zu stark zu verteuern.

Adolf Koppensteiner, Geschäftsführer des Zellstoffwerks in Arneburg, appelierte ebenfalls an die Politiker. Die EEG-Umlage müsse über 2017 hinaus gelten, sagte er. In Arneburg werde nicht nur Zellstoff produziert, gleichzeitig wird mit dem größten Biomassekraftwerk Deutschlands jährlich 135 Megawatt Strom erzeugt. Es werden dabei Holzabfälle verbrannt.

Von kräftigen Einschnitten berichtete der Salzwedler Unternehmer Stefan Korneck von der SCM Solar GmbH. Seit 2005 hat sein Unternehmen 4000 Photovoltaikanlagen installiert. Durch veränderte Förderbedingungen sei der Umsatz der Branche um 80 Prozent geschrumpft. „Das ist absolut brutal.“ Als neuen Sektor hat die Firma die Elektromobilität für sich entdeckt.