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Vortrag Benachteiligung von Frauen im Berufsleben

Am 17. Dezember fand der letzte "Kardiologische Mittwoch" des Jahres statt. Das Thema war die Benachteiligung der Frau im Berufsleben.

Von Anne Toss 22.12.2015, 17:02

Stendal l „Es kommt jetzt kein Alice-Schwarzer-Verschnitt“, stellt Professor Ulrich Nellessen, Ärztlicher Direktor des Johanniter-Krankenhauses, gleich zu Beginn des „Kardiologischen Mittwochs“ klar. Manch einer mag dies bei dem Vortragstitel „Die studierte Frau wird nur Magd sein“ durchaus vermutet haben. Doch Referentin Brigitte Lohff, Professorin am Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizinischen Hochschule Hannover, zeigte anhand zahlreicher Beispiele und Zitate die Rolle der Frau im Berufsleben vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart auf.

Und sie tat dies mit einer großen Portion Humor. „Ich finde es toll, dass sie darüber lachen können“, sagte Ulrich Nellessen am Ende ihres Vortrags, „aber ich finde es eher erschreckend. Als Mann kann man sich nur entschuldigen.“ Denn Brigitte Lohffs historischer Blick auf die Rolle der Frau im Berufsleben zeigte, mit welchen Argumenten Männer über Jahrhunderte hinweg belegten, dass Frauen zum Studium sowie zur Ausübung des Arztberufes nicht fähig seien.

So sei eines der Lieblingsargumente von männlichen Wissenschaftlern die Widernatürlichkeit: „Es fehlt dem weiblichen Geschlecht nach göttlicher und natürlicher Anordnung die Befähigung zur Pflege und Ausübung der Wissenschaften“, schrieb beispielsweise 1872 der Anatom und Physiologe Bischoff. Die Rolle der Frau habe man eben schon damals darin gesehen, Gattin und Mutter zu sein, so Lohff.

Während der Zeit des Deutschen Reiches wurden Frauen dann erstmals zum Studium zugelassen, „weil sie halt keine Ruhe gegeben haben“: Im Jahr 1908 erlaubte Preußen den Frauen das Studium. Zum Vergleich: In der Schweiz war dies schon ab 1864 möglich. Doch selbst diese Öffnung bedeutete noch nicht den Durchbruch: „Die Professoren konnten Frauen immer noch vom Unterricht ausschließen“, erklärte Lohff.

Vor allem in der Medizin wurden Frauen im Berufsleben sehr kritisch gesehen. „Wenn ein Beruf dem Weibe schlecht ansteht, dann ist es gewiss in erster Reihe der des Arztes“, befand Max Runge – im 19. Jahrhundert Professor für Geburtshilfe und Gynäkologie.

Obwohl sich Frauen mittlerweile ihre berufliche und wissenschaftliche Position in vielen Berufen erarbeitet haben, wird eine Benachteiligung bis in die heutige Zeit praktiziert. „Ich kann einfach nicht verstehen, warum Frauen zum Beispiel weniger Geld für die gleiche Tätigkeit bekommen, als Männer“, sagt Lohff. Sie selbst habe indes wenig Widerstände erlebt. „Aber so Sprüche wie ‘wieso studieren, du heiratest doch sowieso‘ kenne ich auch“, berichtet Lohff. Im Anschluss tauschte sie sich mit den rund 30 Zuhörern aus.