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Gesetz erneuert Kampfhunde werden verbannt

Ab März gilt in Sachsen-Anhalt ein verschärftes Hundegesetz. Vier gefährliche Rassen dürfen nicht mehr gezüchtet und vermehrt werden.

Von Nora Knappe 08.02.2016, 00:01

Stendal l Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden geht es an den Kragen. Wenn man die ab 1. März geltende Änderung des Hundegesetzes von Sachsen-Anhalt nämlich tatsächlich konsequent durchsetzen könnte, gäbe es diese Rassen hierzulande bald nicht mehr.

Denn war in dem „Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“ bislang geregelt, dass für die genannten Rassen Beschränkungen in der „Verbringung und Einfuhr“ gelten, so geht es nun auch um ein Zucht-, Vermehrungs- und Handelsverbot mit gefährlichen Hunden, deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden. Und das betrifft sowohl gewerbliche als auch nichtgewerbliche Hundezüchter wie auch jede Privatperson. Wer dem zuwider handelt, muss mit einer Geldbuße bis zu 10  000 Euro rechnen.

In der Hansestadt Stendal gibt es derzeit 2800 Hunde – davon 43 der gefährlichen Rassen und Mischlinge daraus. Welche Rasse ansonsten in der Gesamtzahl der Hunde überwiege, sei „aufgrund der vielen Mischlinge nicht möglich, ohne großen Aufwand herauszufiltern“, sagt Mandy Krümmel, im Stendaler Ordnungsamt Sachgebietsleiterin Allgemeine Gefahrenabwehr und Verkehrsüberwachung.

Seit Inkrafttreten des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt vor sechs Jahren gab es in Stendal 63 angezeigte Beißvorfälle – Tierärzte sind verpflichtet, sie zu melden, aber auch die Polizei gibt angezeigte Vorfälle durch –, aus denen sicherheitsbehördliche Anordnungen folgten. Das heißt: Der Hund wird als gefährlich eingestuft und der Halter muss sich die Halteerlaubnis neu erarbeiten – der Hund muss zum Wesenstest, der Halter zum Sachkundetest und er muss ein Führunszeugnis vorlegen. Alles in allem kostet das um die 1000 Euro. „Wenn das innerhalb von drei Monaten nicht passiert, dann wird der Hund sichergestellt und ins Tierheim gebracht“, erklärt Mandy Krümmel.

Voriges Jahr kamen sechs als gefährlich eingestufte Hunde ins Tierheim Stendal-Borstel, berichtet dessen Leiterin Antonia Freist. Einer wurde wieder nach Hause geholt. „Wenn sie einmal im Tierheim sind, werden sie in den seltensten Fällen wieder abgeholt“, sagt Freist. Die Tierheimmitarbeiter kämen mit diesen Hunden sehr gut zurecht. „Die meisten sind sehr umgänglich, lassen sich geduldig streicheln. Da haben wir hier bei uns welche, die viel gefährlicher sind als die eingestuften. Aber wenn ein Hund einmal den Stempel gefährlich hat, dann ist es schwer, ihn zu wieder zu vermitteln.“ Insgesamt seien momentan 14 als gefährlich eingestufte Hunde im Tierheim, pro Jahr wird etwa einer vermittelt.

Als gefährlich gelten aber nicht nur die genannten vier Rassen – die „Vermutungshunde“ –, sondern auch die sogenannten Vorfallshunde. Das sind alle jene, „die auf Angriffslust oder über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Schärfe“ gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet sind. Ausgenommen sind hierbei Polizei- und sonstige Diensthunde oder Jagdhunde. Aber auch „Hunde, die sich als bissig erwiesen und eine nicht nur geringfügige Verletzung verursacht haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein“, Hunde, „die wiederholt in gefahrdrohender Weise Menschen angesprungen haben, oder Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert andere Tiere hetzen oder reizen, oder Hunde, die gemeinsam einen Menschen oder ein Tier angreifen oder jagen und von denen einer einen Menschen oder ein Tier beißt.“

„Das neue Gesetz lässt nun wenigstens einen Ermessensspielraum bei der Feststellung der Gefährlichkeit zu“, erklärt Mandy Krümmel. „Es kann ja auch sein, dass der beißende Hund sich nur verteidigen wollte.“ Die Ermittlungen dazu seien in jedem Falle sehr aufwendig. Nicht zuletzt sind die Mitarbeiter des Ordnungsamtes auf Hinweise angewiesen. Gerade was die Zucht und den Verkauf der als gefährlich angenommenen Rassen betrifft.

„Eine Kontrolle oder Durchsetzung des Gesetzes wird schwierig, das muss ich schon sagen“, schätzt Krümmel ein. „Wir können ja nicht permanent jeden Halter aufsuchen und gucken, ob sich Hundenachwuchs ankündigt. Und was ist mit Hunden, die verschenkt werden?“ Oder was sei, wenn jemand so einen Hund in einem anderen Bundesland kaufe? Das Einfuhrverbot gelte schließlich nur für aus dem Ausland geholte Hunde.

Interessant in der Auflistung der vom Ordnungsamt bearbeiteten Beißvorfälle: In nur zehn Prozent der Fälle waren Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier oder deren Kreuzungen beteiligt – in einer Vielzahl hingegen waren Schäferhunde oder Schäferhund-Mix die Beißer.

Informationen für Hundehalter zu Vereinen, Ärzten, Auslaufflächen, Gesetzen, Anmeldung etc. gibt es in der „Kleinen Hundefibel“ der Hansestadt Stendal. Erhältlich ist sie im Ordnungsamt, im Einwohnermeldeamt, in der Stadt-Information oder unter www.stendal.de/media/pdf/Hundefibel.pdf