1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. So fing es mit dem Nahverkehr an

Stendaler Geschichte So fing es mit dem Nahverkehr an

Wolfgang Lists Buch „Droschken, Pferdebahnen und Busse“ erscheint in einigen Tagen.

Von Donald Lyko 27.02.2016, 02:00

Stendal l Ob Läutewerke, Kleinbahnen, Stendaler Bahnhof, kuriose Eisenbahngeschichten aus Kaisers Zeiten – der Eisenbahnhistoriker Wolfgang List beschäftigt sich als Autor immer mit irgendetwas. Auch, weil er nach seinen Veröffentlichungen oft neues Material oder Hinweise bekommt, weil er selbst in Archiven, im Internet und in Gesprächen mit Zeitzeugen weiterrecherchiert. So auch zu den Stendaler Pferdestraßenbahnen. Ende der 1990er Jahre erschien von ihm eine Broschüre darüber – mit dem Wissensstand von damals. Mittlerweile hat er viele offene Fragen beantwortet.

Die Restaurierung des Pferdebahn-Wagens Nummer 4 unter der Regie des Husaren-Traditionsvereins (wir berichteten) war für ihn nun Anlass, sich noch einmal für ein Buch des Themas anzunehmen. Doch es sollte gleich mehr werden. „Denn der Nahverkehr fing nicht erst mit der Pferdebahn an, sondern mit Droschken am ersten Stendaler Bahnhof nahe des Tangermünder Tores“, erklärt Wolfgang List. Droschken, Pferdebahnen und Busse – um sie geht es im neuen Buch. Dafür hat er noch einmal alte Akten durchgeschaut, hat in Zeitungen nach Berichten und Anekdoten gesucht, hat weitere Bilder zusammengetragen.

Zusammengefasst gibt es alles auf 100 Seiten, reich bebildert. So sind zum Beispiel Fotos und Postkarten zu finden, die die Pferdebahnen in fast allen Straßen zeigen, die passiert wurden und wo es Haltestellen gab. „Nur von vier Straßen fehlen uns noch Bilddokumente“, erklärt der Autor. Gesucht werden Aufnahmen, auf denen Uchtstraße, Wüste Worth, Birkenhagen (damals Große Jüdenstraße) und der Bereich Dom zu sehen sind. Wolfgang List hofft, dass sich Postkartensammler melden, die noch Material haben. „Wir würden uns freuen, wenn wir auch etwas zu den damaligen Haltestellen bekämen, vielleicht die Schilder oder Aufnahmen davon.“

Mit „wir“ meint Wolfgang List seinen Mitstreiter Michael Trösken, der das Buch bei Druck und Verarbeitung betreut hat und großen Anteil an der Restaurierung des Pferdebahn-Wagens hatte. „Das Buch ist kurzweilig, nicht nur eine technische Dokumentation. Es finden sich auch sehr viele Geschichten darin“, schwärmt der Stendaler Fan historischer Technik.

Zu diesen Geschichten gehört die, dass am Dom (Höhe Privatgymnasium) die Kreuzungsecke noch heute so rund ist, weil sie wegen der Pferdebahnkurve damals umgebaut werden musste. Und dazu gehört auch die Geschichte vom Droschkenfuhrunternehmer Ernst Henze, der Anfang des 20. Jahrhunderts jede Woche eine besondere Tour hatte: Er fuhr die Damen aus dem Freudenhaus, das in der Gertraudenstraße gewesen sein soll, zum Arzt und sicherte sich so ein regelmäßiges Einkommen.

Gut findet Michael Trösken, dass der Leser die Fahrwege der Pferdebahnen – es gab zwei Linien (siehe Infokasten) – nachvollziehen kann. Das Buchmaterial könnte Basis sein für ein Faltblatt, um selbst oder – wie geplant – mit der Pferdebahn die Strecken abzufahren.

Ab nächster Woche ist das Buch „Droschken, Pferdebahnen und Busse – Die Anfänge des Stendaler Nahverkehrs“ in der Buchhandlung Genz und der Winckelmann-Buchhandlung erhältlich. Gedruckt wird es in kleiner Auflage, „denn ich hoffe auf weiteres Material, das dem Buch hinzugefügt werden kann“, sagt der Autor. Wissen möchte er zum Beispiel, ob es Postkarten oder Fotos davon gibt, wie sich zwei Pferdebahnen im Alten Dorf oder auf dem Marktplatz begegnen. List: „Es gibt noch so viele Momente, die dokumentiert werden können.“

Kontakt: Telefon 03931/21 46 84, E-Mail: wolfgang.list@altmarkschiene.de