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Gertraudenhospital Im Abseits eine kulturelle Insel

Der Förderverein Gertraudenhospital Stendal kümmert sich um die Sanierung des Gebäudes. Und lässt hier Kultur einziehen.

Von Nora Knappe 04.03.2016, 00:01

Stendal l Dass es das Gertraudenhospital gibt, löst selbst bei so manchem Stendaler noch Erstaunen aus. Und dass darin sogar Lesungen und Konzerte stattfinden, sorgt dann nochmals für ein „Ach, ja?“. Aber aus der Geschichte heraus und mit seiner Zugehörigkeit zur Europäischen Route der Backsteingotik müsste das Gertraudenhospital eigentlich längst ein Begriff sein. Auch wenn es einst außerhalb der Stadtmauern lag, ist es mit seiner Nähe zum Uenglinger Tor heute doch eigentlich mittendrin.

Das Gertraudenhospital wird seit einigen Jahren liebevoll vom gleichnamigen Förderverein ins Bewusstsein der Stendaler gerückt. Der schlichte Backsteinbau aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts mit seiner später angebauten Kapelle war einst eine Herberge für arme Pilger und Reisende – als eines von sieben Hospitälern in der Stadt.

Der Förderverein Gertraudenhospital hat sich vor 13 Jahren der Sanierung des verbliebenen, denkmalgeschützten Gebäudes angenommen – jedenfalls des Teils, der dem Verein gehört. Das Dach wurde repariert, ein zweiter Notausgang wurde als Voraussetzung für öffentliche Veranstaltungen geschaffen, und im vorigen Jahr wurden sämtliche Bleiglasfenster der Kapelle erneuert. „Wir haben uns das Ziel gesteckt, dieses Gebäude zu erhalten und in einen angenehmen Zustand zu versetzen“, sagt Vereinsvorsitzende Jutta Meinerts und spricht dabei für derzeit 18 Mitglieder, die viele der Vorhaben überhaupt erst durch Eigenleistungen und Spenden verwirklichen können.

Und dazu gehört eben auch die Organisation und Begleitung der diversen Veranstaltungen im Jahr. Seit 2014 wird das Gertraudenhospital für kulturelle Veranstaltungen genutzt – von Frühling bis Herbst finden Lesungen und Konzerte statt, Platz ist für etwa 60 Besucher, bei großem Andrang rückt man aber auch gern ein bisschen enger zusammen. Die Teilnahme an der Kulturnacht, am Tag des offenen Denkmals oder auch am Lebendigen Adventskalender gehören schon länger zum Repertoire des Vereins.

Das Programm der aktuellen Gertrauden-Saison beginnt am 22. März mit einer musikalischen Lesung zur Passionszeit. Es folgen weitere Lesungen und Konzerte, zumeist mit Akteuren aus der Region. Dazu kommen in diesem Jahr zwei besondere Termine, die allerdings ob der zu erwartenden hohen Besucherzahl im Musikforum beziehungsweise im Klostergarten stattfinden: das Gastspiel des Kabarettisten Bernd-Lutz Lange und das der drei „Hengstmänner“ (siehe Infokasten). „Das machen wir nicht, weil wir plötzlich größenwahnsinnig geworden wären“, merkte Vereinsmitglied Axel Junker bei der Programmvorstellung am Dienstagabend an, „sondern einfach, weil es sich so ergeben hat.“ Schöner Nebeneffekt für den Gertraudenhospital-Förderverein: Der Erlös beider Veranstaltungen geht zu Teilen an ihn.

Trotz allen Engagements und aller Aufmerksamkeit, die der Förderverein seit 13 Jahren zeigt und erzeugt: die Lage außerhalb der einstigen Stendaler Stadtmauer wird dem Gertraudenhospital noch heute zum Verhängnis. Es befindet sich nämlich außerhalb des sogenannten Sanierungsgebietes Altstadt und kommt somit nicht in den Genuss von städtebaulicher Förderung. Und daran werde sich, so Oberbürgermeister Klaus Schmotz auf Volksstimme-Nachfrage, „leider auch nichts ändern“.

Dennoch schätze er die Arbeit des Vereins sehr und hat darum Anfang des Jahres mit Jutta Meinerts gesprochen. Dabei ging es unter anderem um „die Unterstützung der vielfältigen Aktivitäten des Vereins im Rahmen dessen, was die Stadt zu leisten in der Lage ist“. So sei nicht nur zugesagt worden, das Gertraudenhospital stärker in die touristischen Angebote der Stadt und bei der Planung städtischer Veranstaltungen einzubeziehen, sondern auch „sonstige Unterstützung durch die Verwaltung“ versprochen worden.

Vielleicht gelingt es ja mit derlei gestärktem Rücken auch, das nächste Vorhaben in die Tat umsetzen: die Erneuerung des Eingangs. Das „ganz große Ziel“ aber, wie Jutta Meinerts es nennt, wird wohl noch länger eher ein großer Traum bleiben: die Freilegung der mittelalterlichen Deckenmalereien in der Kapelle. Das gehe allerdings erst, wenn über ein Jahr gemessen eine möglichst konstante Temperatur in der Kapelle herrsche.