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Markthalle Archäologen erforschen Stendals Untergrund

Unter dem Stendaler Marktplatz haben Archäologen die Überreste einer rund 800 Jahre alten Halle entdeckt. Der Fund wird nun erforscht.

Von Volker Langner 08.03.2016, 02:00

Stendal l Die Knie auf grüne Plastebrettchen gebettet, arbeitet sich ein Quartett in orangen Westen an Mauerresten entlang, die bis vor wenigen Tagen noch unter dem Marktpflaster verborgen waren. Mit Spachtel, Schippe, Bürste legen sie die steinernen Zeugen der Vergangenheit frei.

Spektakuläre Funde habe es in den ersten Tagen noch nicht gegeben, berichtet Grabungsarbeiter Ingmar Brüggemann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. Dennoch ist schon jetzt klar, dass der Marktplatz in seinem Untergrund Sensationelles beherbergt: eine Markthalle aus dem Jahr 1188.

Das Geheimnis entrissen ihm Archäologen bereits bei Grabungen im Vorjahr am Kornmarkt. Dort wurde das Fundament der Markthalle freigelegt. Grabungsleiter Manfred Böhme hatte im Januar bestätigt, dass Reste eines Kaufhauses gefunden worden seien, und Details genannt. Demnach sei das Gebäude etwa 50 Meter lang und zwölf Meter breit gewesen. „Man kann davon ausgehen, dass es 30 Verkaufsstände gab“, sagte Böhme. Das Sensationelle an dem Fund ist somit nicht nur das Alter, sondern auch die Größe.

Hochgerechnet bestand das Kaufhaus aus 400 Kubikmetern Ziegelwerk. Das sind 18 000 Ziegelsteine. Um sie zu brennen, waren wiederum 300 bis 350 Wagenladungen Lehm notwendig. „In Mitteleuropa hatten Kaufhäuser eine zentrale Bedeutung für die Stadtentwicklung“, ordnete der Grabungsleiter den Zusammenhang ein. Und es habe nur wenige Markthallen gegeben, in denen mehr Stände zu finden waren. Die am Kornmarkt gefundenen Überreste wie Scherben oder Becher deuten darauf hin, dass in Stendal Luxusartikel verkauft wurden.

Bei den Grabungen im vergangenen Jahr wurden zehn Prozent des Kaufhauses freigelegt. Nun sollen weitere Teile folgen, neue Erkenntnisse erschlossen werden. Doch soweit haben sich die Archäologen noch nicht in den Stendaler Untergrund vorgearbeitet. Allerdings haben sie weiteres Mauerwerk ans Tageslicht gebracht. „Das ist wesentlich jünger, als die Reste von der Markthalle“, berichtet Cornelia van Giesen, die als Grabungstechnikerin unter anderem für die Vermessung des Untersuchungsfeldes sowie für die fotografische und zeichnerische Dokumentation verantwortlich zeichnet.

Unterstützung erhalten die Archäologen von dem Quartett in Orange – Grabungshelfer. Dabei handelt es sich um Asylbewerber, vornehmlich aus Syrien. Die Stadt arbeitete dabei mit dem Landkreis und dem Jobcenter zusammen, über die potenzielle Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, sagte Stadtsprecher Klaus Ortmann auf Volksstimme-Nachfrage. Die Stadt kläre dann in Gesprächen, ob sie sich dafür eignen und ob sie diese Tätigkeit annehmen. In den nächsten Tagen soll die Zahl der Grabungshelfer auf sechs Personen erhöht werden.