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Kaufhaus Gastronomie statt Kinderkleidung

Lange stand das Kaufhaus am Markt Ecke Hallstraße in Stendal leer. Jetzt sollen dort Gastronomie und ein Finanzdienstleister einziehen.

Von Thomas Pusch 26.03.2016, 01:00

Stendal l Bereits vor fast 200 Jahren wurde in dem Haus am Marktplatz an der Ecke Hallstraße Handel getrieben. Der Kaufmann Johann Dietrich Müller eröffnete 1820 dort ein Gemischtwarengeschäft, in dem es Stoffe auf der einen, Kolonialwaren auf der anderen Seite gab. Mit den Jahren änderte sich der Charakter zu einem Spezialhaus für Damen-, Herren- und Kinderkleidung.

„Johann Dietrich Müller hat sich aus kleinsten Anfängen zu der heutigen beachtlichen Größe entwickelt und es verstanden, immerfort die Qualität eines feinen Spezialgeschäftes zu wahren“, heißt es in dem Band „Industrie Handel und Gewerke in der Altmark“ von Fritz Heisel aus dem Jahr 1930. Inhaber Hermann Pätzold habe es in den Jahren 1884 bis 1909 verstanden, zu dem guten Ruf der Firma beizutragen. Seit 1857 hatte Müllers Sohn das Geschäft geführt, bevor er es an Pätzold verkaufte.

Zum 120-jährigen Bestehen des Geschäftes wird in einer Anzeige im August 1940 der weitere Firmenweg beschrieben. Der Gesundheitszustand von Pätzold ließ es 1909 nicht mehr zu, das Geschäft weiter zu betreiben und so verkaufte er es an Friedrich A. Müller und Wilhelm Wessel. „Er konnte es umso beruhigter tun als Wilhelm Wessel sein langjähriger Angestellter und Prokurist war und dadurch das Geschäft ganz genau kannte“, heißt es in der Anzeige. Nach dem Tod Müllers war Wessel Alleininhaber, der Name der Firma, J.D. Müller, blieb stets bestehen.

Zu DDR-Zeiten war dort das Haus der Konfektion beheimatet. Wie in früheren Jahren auch wurde dort Bekleidung für Damen, Herren und Kinder feilgeboten. Nach der Wende wurde das Haus von der PUG-Konsumgenossenschaft Salzwedel übernommen. Sie betrieb dort ein Warenhaus, das im Dezember 2011 geschlossen wurde. Dann versuchte dort das Kaufhaus Uppstall einen Neuanfang. Zuvor hatte das 1997 eröffnete Geschäft zwei Bereiche – Heimtextilien und Kurzwaren sowie Lederwaren – in zwei Läden in der Breiten Straße ausgegliedert. In einer „wesentlich besseten Lage“, so die damalige Geschäftsführerin Birgit Schaar, sollte auf 800 statt der bisher 4000 Quadratmeter der Erfolg zurückkehren. Der ursprüngliche Firmensitz an der Ecke Breite Straße / Uppstall steht noch heute leer, immer wieder kursierende Gerüchte, dort wolle sich ein Elektromarkt ansiedeln, entpuppen sich genauso regelmäßig als solche.

Im Erdgeschoss fanden unter anderem die Lederwarenabteilung mit Reisegepäck, Geschenkartikeln, Glas/Porzellan, Haushaltswaren sowie Damen- und Herrenmoden ihren Platz, das Obergeschoss beherbergt neben den Spielwaren auch Baby-Textilien und Schreibwaren. Ein halbes Jahr später kündigte ein Räumungsverkauf eine weitere Veränderung an. Nochmals versuchten die beiden Geschäftsführerinnen Birgit Schaar und Daniela Höltl durch eine verkleinerte Verkaufsfläche das Geschäft zu retten. Die obere Etage, 150 Quadratmeter groß, wurde aufgegeben. Im März 2013 war dann endgültig Schluss, im Mai kehrte die PUG-Kauf-Genossenschaft an den Markt zurück. Zahlungen waren ausgeblieben, die Genossenschaft machte vom Rücktrittsrecht Gebrauch.

Und das PUG-Kapitel hat nun auch ein Ende. Bereits 2014 wurde ein Käufer für das Wohn- und Geschäftshaus gesucht und mittlerweile auch gefunden. Die Salzwedeler Genossenschaft ist ausgezogen, nur noch einzelne Aufkleber künden von der Vergangenheit. Die neue Eigentümerin war gestern für eine Aussage zur Zukunft des Gebäudes nicht zu erreichen. Sicher ist aber, dass dort ein Finanzdienstleister und ein Gastronomieunternehmen einziehen werden. Damit endet die Kaufhaus-Historie.