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Drogen-Prozess Zwischen Zufallshanf und Majoran

Skurrile Erklärungen geben die Verteidiger dreier Männer ab, die wegen Drogenhandels angeklagt sind.

Von Wolfgang Biermann 03.05.2016, 14:08

Stendal l Der vierte Verhandlungstag im Prozess um gewerbsmäßigen und gemeinschaftlichen Drogenhandel war von unkonventionell dargebotenen Beweisanträgen und Erklärungen einer der drei Verteidiger sowie einer Aussageverweigerung geprägt. Angeklagt sind drei Männer im Alter von 21 bis 47 Jahren aus der Region Havelberg. Die Volksstimme hatte vom Auftakt berichtet, dass es in dem Prozess neben Drogen mannigfaltiger Art auch um einen gestohlenen VW Phaeton, viel Bargeld und Waffenbesitz geht.

Schlecht endete die Prozessfortsetzung am Freitag für eine Zeugin. Die 19-Jährige muss 300 Euro Ordnungsgeld zahlen oder ersatzweise für sechs Tage in Haft, weil sie Aussagen zu ihrer Beziehung zu einem der drei Angeklagten verweigerte. So wollte die angehende Altenpflegerin nicht sagen, wie lange die Affäre währte und ob der Ex-Freund Sport betrieb und eine Sporttasche besaß.

Sein Mandant habe nicht wie angeklagt Cannabis in einer Indooranlage angebaut, brachte einer der Verteidiger vor. Vielmehr hätte sich wohl Hanfsamen, der sich in dem vom Angeklagten zur Haltung exotischer Vögel verwendeten Körnerfutter befand, selbst ausgesät oder hätten die Vögel selbst „hinterrücks“ die Aussaat besorgt. Dazu hatte der Anwalt Pflanzenreste in einem Plastiksack sowie diverse Vogelfuttertüten als Beweismittel mitgebracht und auf den Richtertisch gelegt. Das veranlasste den Vorsitzenden Richter Ulrich Galler zu der Frage: „Was soll ich damit, Hanf anbauen?“

Der Verteidiger sorgte für weiteres Aufsehen, als er mehrere Plastiktüten sichtlich grünen Inhalts vorlegte und die Prozessbeteiligten daran schnuppern ließ. „Majoran“, lautete seine Erklärung. Um Majoran und andere Gewürze – und nicht um Cannabis – hätte es sich gehandelt, was eine Zeugin beim Angeklagten gesehen habe. Sein Mandant betreibe auf seinem Grundstück Tierhaltung und schlachte auch hin und wieder selbst. Die mit Majoran und anderen Gewürzen gefüllten Plastiktüten seien Schlachterbedarf, und dessen Besitz sei nicht strafbar.

Die Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter, die in Einzelteilen in Sporttasche und Küchenschrank bei seinem Mandanten gefunden wurde, könne ihm untergeschoben worden sein, so der Anwalt. Zusammengebaut sei die Waffe schussfähig, hatte ein Waffenexperte vom LKA ausgesagt.

15 Gramm Kokain waren im Handschuhfach des in Wolfsburg gestohlenen und beim Angeklagten sichergestellten VW Phaeton gefunden worden. Eine DNA-Expertin des LKA hatte als Sachverständige im Auto gesicherte Spuren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten zugeordnet.

Am heutigen Mittwoch wird das Urteil erwartet.