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Julia Neigel Musik, die in den Bauch geht

Mit ihrem Programm „Samt und Seide“ gastierte Julia Neigel am Montag in Stendal.

Von Donald Lyko 04.05.2016, 02:00

Stendal l Den Kummer fortjagen, zu einem traumhaften Ort entführen, die Sonne vom Himmel holen – all das versprach Julia Neigel in ihrem Eröffnungssong „Ich bin da“. Wer sich gut zweieinhalb Stunden später an diese Liedzeilen erinnerte, dem dürfte es im Nachhinein als ein Versprechen ans Publikum erscheinen, als Ankündigung dessen, was die Sängerin und die vier Musiker an ihrer Seite sich für ihren Auftritt vorgenommen hatten. Und sie haben nicht zu viel versprochen.

Daran, dass Julia Neigel in der Katharinenkirche „Ich bin da“ singen konnte, hatte Oliver Fleßner maßgeblichen Anteil. Vor gut einem Jahr hatte er ein Konzert der Sängerin besucht. Dort erzählte sie auch darüber, dass eine frühere Tour sie in Kirchen geführt habe. Als Oliver Fleßner, Leiter des Stendaler Porta-Einrichtungshauses, dann Ende vergangenen Jahres damit begann, zum 50. Geburtstag des Unternehmens Porta in diesem Jahr eine besondere Veranstaltung zu planen, fiel ihm das Gehörte wieder ein. „Ich habe angerufen und gleich eine Zusage bekommen“, berichtete er am Montagabend zur Begrüßung und versicherte dem Publikum: „Sie werden den Abend sicher noch lange in Erinnerung behalten.“ Um es kurz zu machen: Er wird damit Recht behalten.

Was in Erinnerung bleibt, ist eine wandlungsfähige Sängerin, die sich mit rockigen Nummern ebenso behaupten kann wie mit Blues und ruhigen Nummern, die neben vielen eigenen Liedern in ihren Konzerten immer auch Platz findet für Hits von Kollegen. Mal singt sie kraftvoll, mal weich, sie lebt und liebt die Musik – das nimmt man ihr ab, es ist authentisch. Von Liebe singt sie, von Gefühlen, von Sehnsucht, Freiheit, Trennung und Phantasie – sehr schöne Texte aus ihrer Feder. Fürs Schreiben mancher Lieder benötigt die heute 50-Jährige, die im sibirischen Barnaul geboren wurde und als Kind mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen ist, nur zehn Minuten, für andere Wochen, erzählte Julia Neigel ihrem Publikum.

Das erste Lied, das sie für einen anderen Künstler geschrieben hat, wurde ebenfalls ein Hit: Peter Maffays „Freiheit, die ich meine“. Seit Jahren singt sie selbst diesen Song, auch Maffays „Gib die Liebe nicht auf“ gehört zum Repertoire im Programm „Samt und Seide“ – beides in Neigelscher Manier einfach klasse dargeboten. Lieder zum Hören, zum Mitsingen, zum Mitklatschen, zum Mitsummen und gern auch zum Mittanzen, wozu die Sängerin immer wieder einlud. „Lili Marleen“ und Hildegard Knefs „Rote Rosen“ sang sie, nur vom Klavier begleitet, gemeinsam mit dem Publikum.

Getreu ihrem Motto „Musik geht in den Bauch und ist zeitlos“ präsentierte Julia Neigel am Montagabend Lieder aus ihrer mittlerweile mehr als 30-jährigen Karriere. „Sehnsucht“ gehörte ebenso dazu wie ihr wohl bekanntestes Lied: „Schatten an der Wand“. Darauf musste das Publikum bis zum Ende, bis zur Zugabe warten – wenn das Warten doch immer so angenehm und unterhaltsam wäre, ein solcher (in dem Fall musikalischer) Genuss. Die stimmungsvolle Beleuchtung der Bühne, das gefühlvolle Spiel der Farben, rundeten den Auftritt ab. Einen Auftritt, der in jeder Hinsicht lange nachhallt.