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Pfingstwochenende Schmierereien: Noch Zeugen gesucht

Zwei Tage nach den rechten Schmierereien in Bismark waren gestern die Spuren wieder beseitigt.

Von Thomas Pusch 18.05.2016, 01:01

Bismark l Sie kamen im Dunkel der Nacht und ihre Hinterlassenschaften erinnerten an eine dunkle Zeit. Hakenkreuze an Privatgrundstücken, das Wort Verräter vor einem Haus, ein Hakenkreuz und ein Spruchband mit der Aufschrift „ASYL GO HOM“ an der Flüchtlingsunterkunft in der Döllnitzer Straße. Am Pfingstsonntag beobachtete ein syrischer Flüchtling gegen 3 Uhr, wie drei unbekannte Täter ihren Spruch sprayten. Die Polizei wurde alarmiert, der es allerdings auch mit verstärkten Fahndungsmaßnahmen mehrerer Funkstreifenwagen aus den Bereichen Stendal und Salzwedel nicht gelang, die Täter zu erwischen. Möglicherweise waren sie mit einem in der Nähe abgestellten Pkw geflüchtet. Am Sonntagmorgen bekam die Polizei noch Meldungen von zwei weiteren Adressen.

Vor Renate Piepers Haus stand auf dem Bürgersteig das Wort Verräter. Seit einiger Zeit gibt sie Deutschunterricht für Flüchtlinge. Gegenüber der Volksstimme wollte sie sich gestern zunächst nicht äußern, um die Täter nicht weiter aufzuwerten. Sie kam gestern Vormittag gerade vom Deutschunterricht. „Im ersten Moment habe ich gedacht, die sind doch bescheuert, dann war die Sache eigentlich erledigt für mich“, sagte sie. Dann machte sie sich daran die Farbe abzuwischen, das sei überraschend leicht gewesen. Es war nicht das erste Mal, dass sie seit Beginn ihres Engagements Zielscheibe von feindlich gesinnten Aktionen wurde. So sei „ein böswilliges Gerücht“, verbreitet worden, einer ihrer Schüler habe sie angegriffen, was niemals geschehen sei. Zu Weihnachten seien dann NPD-Sticker ans Bürgerhaus geklebt worden. Dort gibt sie den Deutschunterricht. „Die Flüchtlinge empfinden diese Schmierereien als große Bedrohung“, hat sie erfahren. Sie selbst habe aber keine Angst, hätte dem MDR auch nur deswegen kein Interview gegeben, um die Täter nicht aufzuwerten, ihnen keine Bestätigung zu geben.

Der Bericht im Regionalfernsehen sorgte dafür, dass das Telefon bei der stellvertretenden Bürgermeisterin Ruth Rothe (Die Linke) das Telefon nicht mehr stillstand. Sie bekam viel Unterstützung dafür, dass auch sie sich nicht ins Bockshorn jagen lassen will. „Ich mache weiter die Arbeit für und mit den Flüchtlingen und lasse mich nicht unterkriegen“, sagte sie am Dienstag gegenüber der Volksstimme. Natürlich mache ihr die Aktion – bei Rothe wurden Hakenkreuze gesprüht – Angst, aber sie werde deswegen nicht ängstlich. Und vielmehr wolle sie aus den gleichen Gründen wie Renate Pieper dazu nicht sagen. Der Fall sei jetzt bei der Polizei und dort in guten Händen. „Wir haben hier unser kleines Netzwerk und alle finden diese Schmierereien Mist, aber wir geben nicht auf“, fasste sie zusammen.

Polizeisprecher Marco Neiß konnte gestern noch nicht von neuen Ermittlungsergebnissen sprechen. Da es sich an allen drei Tatorten um blaue Sprühfarbe gehandelt habe, sei nicht auszuschließen, dass die drei Unbekannten für alle Schmierereien verantwortlich sind. Die gesicherten Spuren würden nun ausgewertet und es werde nach weiteren Zeugen gesucht. Hinweise an die Polizei: Telefon 03931/68 52 91