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Unternehmenscoach Chefsessel, Pilotensitz und OP

„Von anderen Branchen lernen“, unter diesem Motto stand ein Firmenkundenabend der Volksbank am Donnerstag.

Von Thomas Pusch 21.05.2016, 01:01

Stendal l Einen Satz sagte Peter Brandl immer wieder: „Wenn es bei Ihnen nicht klappt, kostet es Geld, wenn es bei mir nicht klappt, stehe ich in der Zeitung.“ Der Pilot und Unternehmenscoach war Hauptredner bei der Firmenkundenveranstaltung der Volksbank mit dem Titel „Von anderen Branchen lernen“. Rund 80 Teilnehmer hörten Erstaunliches in der Werkshalle von Grado-Fenster. „Aber eigentlich ist alles ganz banal“, meinte Brandl süffisant zu den Tücken der Kommunikation. So erzählte er eine kurze Geschichte, bestehend aus vier Sätzen. Danach stellte er drei Fragen und bei keiner einzigen waren sich seine Zuhörer einig, ob er den behaupteten Fakt genannt hatte oder nicht. „Was würden Sie denken, wenn Sie durch die Cockpittür hören würden: ,Wie jetzt, die andere Landebahn‘“, zog er eine Parallele. Und schließlich könne jeder fliegen, ebenso wie jeder ein Unternehmen leiten könne – unter Idealbedingungen.

Brandl zählte vier Erfolgsfaktoren auf: Kommunikation, klare Entscheidungen, Vorbereitung und Verantwortung. Nur so habe Kapitän Sullenberger sein Flugzeug auf dem Hudson landen können. Piloten bereiten sich im Simulator auf ungeahnte Notsituationen vor, in der Wirtschaft werde aber so gut wie nie eine Situation im Training durchgespielt. Neben den vier Faktoren, die zum Erfolg führen, nannte Brandl auch drei Negativbeispiele. Machtdistanz war eine davon. „Wenn eine 22-jährige Pilotin sich an ihrem ersten Arbeitstag neben den Mittfünfziger-Piloten setzt und der ihr erstmal vorschlägt, dass sie nur redet, wenn er sie etwas fragt, wem fällt es dann wohl leichter dem anderen zu widersprechen“, erklärte er. Killerphrasen wie „Das haben wir immer schon so gemacht“ oder „Das haben wir noch nie so gemacht“ seien genauso tödlich für den Erfolg wie Harmoniesucht.

Stephen Hellhammer ist in der Automobilbranche zu Hause und wusste auch einige Anek­doten zu erzählen. So seien in seiner Zeit bei Bugatti Winterreifen entwickelt worden. „99 Prozent der Autos werden aber nach Abu Dhabi, Dubai, Kalifornien und ähnlich warme Gegenden geliefert“, erklärte er. Noch größer war die Geldverschwendung bei der Nasa. Die entwickelte für eine Million Dollar einen Kugelschreiber, mit dem man auch in der Schwerelosigkeit schreiben kann. Die Sowjets gaben einen Dollar für ihr Schreibgerät aus – die Kosmonauten nahmen einen Bleistift mit ins All. „Der Blick fürs Wesentliche ist wichtig“, betonte Hellhammer.

Das gilt natürlich auch für den Operationssaal, in dessen Innenleben Professor Jörg Fahlke, Chefarzt der Chirurgie am Johanniter-Krankenhaus, einen Einblick gewährte. Er habe über vieles, was gesagt wurde, nachgedacht. „Es war auch von Standards die Rede, aber das ist in der Medizin schwierig“, meinte er. Allein die 80 Personen im Zuschauerraum seien alle ganz verschieden. Auch mit der Vorbereitung, dem Training, sei es nicht so leicht. „Welcher Blinddarmpatient würde schon sagen, na klar, der junge Mann muss ja mal anfangen“, verdeutlichte er. So müsse immer noch ein Zweiter die Verantwortung tragen, wodurch die Trainingsprozesse länger dauern. „Als Chef soll ich ja möglichst alles allein operieren“, meinte er, „eine erfahrene Kraft, die bei Fehlern widerspricht“, sei für ihn aber genauso wichtig.