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Amtsgericht Stendal Prozess um Naziparolen geplatzt

Ein 26-Jähriger war nicht zum Forsetzungstermin vor dem Amtsgericht Stendal erschienen. Es ging unter anderem um Nötigung und Drohung.

Von Wolfgang Biermann 26.05.2016, 15:06

Stendal l Um „Sieg Heil“-Rufe, Drohung und Nötigung ging es am zweiten Verhandlungstag vor dem Amtsgericht Stendal für einen 26-Jährigen aus der Region Havelberg. Das heißt, sollte es gehen. Der Prozess ist geplatzt und muss neu aufgerollt werden, weil sowohl der Angeklagte als auch wichtige Zeugen nicht zum Fortsetzungstermin erschienen sind.

Daraufhin erließ der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Thomas Schulz auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen den säumigen Angeklagten. Sobald er geschnappt ist, kommt er in Haft und muss dort bleiben, bis ein neuer Prozesstermin anberaumt ist. Der Verteidiger des 26-Jährigen gab an, dass er auch nicht wisse, warum sein Mandant nicht gekommen war.

Die Stendaler Polizei verwies auf Anfrage von Richter Schulz auf die Zuständigkeit der Havelberger Kollegen für eine etwaige Vorführung des Angeklagten, um den Prozess nicht platzen zu lassen. Die Polizei in Havelberg wiederum teilte mit, dass sie aus Zeitgründen nicht in der Lage sei, noch am Verhandlungstag nach dem Angeklagten zu suchen und ihn vorzuführen.

Wie berichtet, hatte der Angeklagte beim Prozessauftakt sein vor der Polizei gemachtes Geständnis widerrufen. Demnach habe er am 27. Juni vorigen Jahres weder mehrfach „Sieg Heil“ gerufen noch seiner Verlobten gedroht „Halt dein Maul, (…) sonst schlage ich dich tot…“. Er sei zum Tatzeitpunkt völlig betrunken gewesen und hätte die Taten nur gestanden, weil die Polizei keine Zweifel an seiner Täterschaft gehabt hätte.

Als er aber dann kurz vor dem Prozess die Tonaufzeichnung seiner per Handy eines Zeugen mitgeschnittenen angeblichen Drohung gehört habe, will er festgestellt haben, dass es gar nicht seine Stimme war, die die Todesdrohung ausstieß. Außerdem, so der Angeklagte weiter, sei auch gar nicht seine Verlobte Adressat der Drohung gewesen.

Die am selben Abend gegrölten Naziparolen, die als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Kennzeichen angeklagt sind, hatte er ebenfalls beim Prozessauftakt bestritten. Vielmehr hätte er – wie auch weitere Partygäste – ein Lied aus einem Autoradio auf dem Hofgrundstück lauthals mitgegrölt. Wie das Lied hieß, wisse er nicht mehr.

Ein Nachbar, der sowohl die Parolen als auch die Drohung gehört und zur Anzeige gebracht hatte, sagte als Zeuge aus, dass er die damals gehörte Stimme nicht eindeutig dem Angeklagten zuordnen könne, zumal er zur Tatzeit nur zu Besuch bei seinem Vater gewesen war. Außerdem sei es dunkel gewesen, so dass er nur schemenhafte Gestalten wahrgenommen habe.