1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. In der Hölle wird geputzt

Restaurierung In der Hölle wird geputzt

"Das Jüngste Gericht", ein Wandgemälde in St. Jacobi aus dem 16. Jahrhundert, wird jetzt konserviert und restauriert.

Von Nora Knappe 26.05.2016, 01:01

Stendal l Spinnweben, die sonst ja schnell mal weggefegt werden, sind in der Jacobikirche derzeit von größter Bedeutung: Nur durch sie halten Teile des großen Wandbildes „Das Jüngste Gericht“ überhaupt noch. Die Malerei aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist stark beschädigt: Farbschichten lösen sich ab, der Putz weist Hohlstellen auf, Schmutz, Risse und Abplatzungen haben das Gemälde arg in Mitleidenschaft gezogen. Nun aber soll es konserviert und restauriert werden. Bis Ende September ist es darum weitestgehend hinter einem Gerüst verborgen, auf dem sich die Diplom-Restauratorinnen Marie Heyer und Daniela Arnold Stück für Stück voranarbeiten.

Und diese Stücke sind sehr klein: Kaum postkartengroß sind die Spezialvliese, mit deren Hilfe die Restauratorinnen Schmutzpartikel von dem etwa 32 Quadratmeter großen Gemälde ablösen. Ermüdend sei das keineswegs, ganz im Gegenteil, sagt Marie Heyer: „Das Spannende ist, dass man sich zurückhalten muss, nicht zu viel macht. Wir wollen ja zeigen: das ist authentisch, das ist die Geschichte.“ Und Daniela Arnold ergänzt: „Vor allem geht es darum, die weißen Stellen zu beseitigen, damit man am Ende ein ruhigeres Bild hat.“

Heyer kennt das Gemälde, das teils sehr martialische Szenen mit Höllenschlund, Verdammten und Marter­instrumenten zeigt, schon länger: Vor sechs Jahren hat sie im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Schäden erfasst und ein Restaurierungskonzept erstellt. „Am aufwendigsten wird es sein, die Malschichtschollen wieder mit dem Untergrund zu verkleben“, sagt sie, „im Moment hängen sie zum Teil nur noch an Spinnweben an der Wand.“ Dass das Gemälde in der mittleren Ebene viel besser zu erkennen ist, hat mit früheren Putzen zu tun. In diesem Bereich war er frischer, so dass die Farbe besseren Halt fand.

Die Bedeutung des Gemäldes unterstreicht Elisabeth Rüber-Schütte vom Landesamt für Denkmalpflege: „Besonders in der Altmark haben wir viele herausragende Wandmalereien, die nicht übermalt worden sind. Und hier in Jacobi bekommt man einen wunderbaren Eindruck eines mittelalterlichen Kirchenraums.“

Ab dem Sommer werden die Restauratorinnen zu dritt sein und sich dann auch der Wandmalerei des Heiligen Christophorus gleich nebenan widmen– eine Art sanftmütiger Gegenentwurf zum Jüngsten Gericht. Hier soll zunächst der Zustand erfasst werden.

60  000 Euro gibt es für beide Vorhaben vom Land Sachsen-Anhalt und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung. Pfarrer Thomas Krüger erfüllt das mit Freude: „Es fängt etwas Neues an, um etwas Altes zu bewahren.“