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Wahlskandal Fraktionen fordern Rückzug von Wulfänger

Stendals Landrat Carsten Wulfänger soll reinen Tisch machen. Das fordern alle Kreistagsfraktionen außer der CDU.

30.08.2016, 09:52

Stendal l Um 9.38 Uhr verschickte Linke/Grüne-Fraktionschefin Helga Paschke am Dienstagmorgen eine Mail mit einem nüchternen Anschreiben: „In der Anlage erhalten Sie eine gemeinsame Erklärung der unterzeichnenden Fraktionen des Kreistages zu Ihrer Information und Verwendung." Deren Inhalt –eine „Dringende Aufforderung an Landrat Wulfänger" – hat  es aber in sich.

Die Fraktionen Linke/Grüne, SPD und Landwirte für die Region/FDP fordern darin den Landrat auf, bei der Sitzung des Kreistages am Donnerstag bei der Behandlung des Antrages zur Neubesetzung des Kreiswahlleiters „1. umfassend bisher offen gebliebene Fragen zu seinem eigenen Agieren darzustellen und 2. seine Funktion als Kreiswahlleiter niederzulegen".

Diese gemeinsame Erklärung „beruht auf einer nochmaligen breiten Diskussion in allen drei Fraktionen zum Thema Wahlskandal bei den Kommunalwahlen 2014 am Montag im Rahmen der Fraktionssitzungen", heißt es weiter. Und: „Die unterzeichnenden Fraktionen sind sich darüber einig, dass zur Abwendung eines weiteren Verlustes der Glaubwürdigkeit bei zukünftigen Wahlen auch eine Neubesetzung der Funktion des Kreiswahlleiters dringend angezeigt ist."

Paschke kommentierte auf Volksstimme-Nachfrage: „Ich bin zufrieden. Es ist ein Erfolg, dass wir das gemeinsam tragen." Ihr SPD-Kollege Lars Schirmer betonte, er erwarte „vom Landrat hier Aufklärung und Transparenz". Auf ihrer Sitzung hatten sich die anwesenden sechs der acht Fraktionsmitglieder einstimmig für die Erklärung ausgesprochen. Frank Wiese, Chef des Bündnisses von Landwirten und FDP, berichtete, seine Fraktion sei „entsetzt" über das jetzt bekannt gewordene Ausmaß der Stendaler Wahlaffäre: „Man darf die positiven Seiten nicht vergessen, aber Ehrlichkeit und Gesetzeskonformität wird von einem Landrat verlangt."

Doch so recht eingespielt ist dieses Bündnis offenbar noch nicht. Wiese hatte zu der Erklärung prinzipiell Unterstützung signalisiert. Doch die Detailabstimmung in der fünfköpfigen Fraktion konnte am Montagabend noch nicht erfolgen, da das Dokument in der Sitzung nicht geöffnet werden konnte. So zeigte sich  der Landwirte/FDP-Fraktionschef am Mittag  überrascht. Die Abstimmung innerhalb der kleinsten Fraktion ergab dann aber eine einstimmige Unterstützung.

Wulfänger äußerte sich am Dienstag auf eine Anfrage der Volksstimme  zu dem fraktionsübergreifenden Vorstoß nicht. Dabei hatte der Antrag von Linke/Grüne bereits im Vorfeld Wellen geschlagen. Der Landrat hatte in der vorigen Woche Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt. Die Fraktion will auf diesem Wege Wulfänger von seiner Funktion als Kreiswahlleiter entbinden und stattdessen den Beigeordneten Denis Gruber (SPD) berufen. (Volksstimme berichtete).

Sollte der Antrag zur Abstimmung kommen, könnte es knapp werden: Linke, SPD, Landwirte für die Region, FDP und Grüne verfügen über 25 der 47 Sitze. Mindestens zwei Kreistagsmitglieder aus ihren Reihen haben sich für die Sitzung jedoch entschuldigt. Aber auch die Christdemokraten werden nicht mit allen 21 Fraktionsmitgliedern präsent sein können. Ihre Landtagsabgeordneten Hardy Peter Güssau, Chris Schulenburg und Detlef Radke haben an diesem Tag im Landesparlament am Domplatz Plenarsitzung. Die Debatten sind bis 18.45 Uhr angesetzt – zu diesem Zeitpunkt wird im Stendaler Kreistag über das Schicksal des Landrates als Kreiswahlleiter bereits entschieden sein.

Die Sitzung beginnt am Donnerstag, 1. September, um 17 Uhr im großen Sitzungssaal des Stendaler Landratsamtes.