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Lok-Produktion Alstom-Standort ist gefährdet

Die Produktion der Hybrid-Lok H3 wird vom Stendaler Alstom-Standort nach Salzgitter verlagert. Das gefährdet den Standort in der Altmark.

Von Thomas Pusch 31.01.2019, 00:01

Stendal l Die Produktion der Hybridloks Prima H3 wird vom Alstom-Standort Stendal nach Salzgitter verlagert. Alstom-Sprecherin Tanja Kampa bestätigte in einer Erklärung die Volksstimme-Informationen. „Alstom hat entschieden, seine Aktivitäten in Stendal künftig auf das Service-Geschäft zu konzentrieren. Dazu zählen die Instandhaltung und Wartung von Diesel-Lokomotiven sowie von Komponenten wie Drehgestelle“, heißt es in der Antwort. Der Neubau der bisher in Stendal produzierten Prima-H3-Lokomotiven werde nach Salzgitter verlagert. Der Standort Salzgitter sei deutlich größer und biete die notwendigen Personalressourcen, mehr Flexibilität und effiziente Prozesse. Zudem sei er auf Neubauten spezialisiert. Die Wartung der Prima H3 verbleibe in Stendal, wo Alstom sein Service-Geschäft stärken wolle. Die Anzahl der Arbeitsplätze in Stendal bleibe unverändert.

Ganz so nüchtern wird die Entwicklung im Unternehmen selbst nicht gesehen. Da der Bau der Hybridlok immer als die Bestandsgarantie bezeichnet wurde, fällt die nun weg. Besonders schmerzlich: Die Hybridlok ist in Stendal entwickelt worden. Erste Studien zu Hybridlokomotiven wurden 2004 getrieben, zwei Jahre später wurde der erste Prototyp auf der Innotrans in Berlin präsentiert. 2008 gab es erste öffentliche Testfahrten und 2010 schloss Alstom mit der Mitteldeutschen Eisenbahngesellschaft (MEG) ein Vertrag ab. Der bedeutete den Auftrag für die Produktion von vier Loks und die langfristige Vermietung des Prototypen.

„Diese Neuentwicklung ist die konsequente Weiterentwicklung unserer erfolgreichen Hybridlok. Ich freue mich, dass wir mit diesem neuen Produkt unseren Kunden eine besonders flexible und modulare sowie kraftstoffsparende Lokomotive anbieten können“, wurde Klaus Hiller, Leiter des Geschäftsbereiches Service und Lokomotiven bei Alstom, im Mai 2011 in einer Pressemitteilung zitiert

.Einen großen Moment erlebte die Weiterentwicklung Prima H3 im September 2014 auf der Verkehrsmesse Innotrans in Berlin. Dort wurde die Neuentwicklung von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), dem Bahn-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, dem Vorstand Technik Alstom Deutschland, Martin Lange, und seinem französischen Pendant Henri Poupart Lafarge enthüllt.

Die Lok wurde zu einem Verkaufsschlager. Im Oktober vergangenen Jahres meldete das Schweizer Eisenbahnportal eisenbahnonline.ch, dass Alstom, Reichmuth Infrastruktur Schweiz und SBB Cargo in einem gemeinsamen Vertrag die Auslieferung von zwölf Prima H3-Lokomotiven unterzeichnet haben. Alstom produziere die Hybridlokomotiven und SBB Cargo werde diese für die nächsten zehn Jahre mieten. Ausgeliefert würden die H3-Hybridlokomotiven ab Oktober 2020. „Gebaut werden die Fahrzeuge in Stendal, Deutschland“, heißt es in dem Text noch. Doch nun wird der Auftrag in Salzgitter ausgeführt.

Nach Volksstimme informationen sind dort rund 2500 Mitarbeiter tätig. Der Standort sei in Schwierigkeiten geraten, brauche dringend diesen Auftrag, der für Stendal zwei bis drei weitere Jahre Bestandsgarantie und bis zu 30 zusätzliche Arbeitsplätze bedeutet hätte.

Am vergangenen Montag sind die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung über die Situation informiert worden. Wie es aus Belegschaftskreisen hieß, seien keinerlei Maßnahmen geplant, die die Lage verschärfen würden. Das Unverständnis über die Entscheidung ist aber groß.

Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) ist ebenfalls über die Situation informiert worden und ließ auf Volksstimme-Anfrage mitteilen, dass er die Lage durchaus als kritisch einschätze. Es seien Transfer von Produktion und Arbeitsplätzen von der Hansestadt Stendal nach Salzgitter zu befürchten. Es hat bereits einige Gespräche hierzu gegeben. Weitere würden noch folgen, um einen umfassenden Informationsstand zu erhalten. „Eine Reduzierung oder gar Verlust des Alstom-Standortes Stendal werden wir nicht einfach hinnehmen“, zeigte sich Schmotz kämpferisch. Es sei nicht akzeptabel, über 100 Jahre Eisenbahn und –Reparatur-Geschichte durch marktwirtschaftliche Entscheidungen, ohne ausreichende Standortüberlegungen zu beenden. Schmotz fordert unter anderem eine Stabilisierung des Alstom-Standortes in Stendal und keine Reduzierung der Arbeitsplätze.

Außerdem fordert das Stadtoberhaupt eine Aussage zu und Umsetzung der Investitionsmaßnahmen, die vor einiger Zeit geäußert worden seien. Hier seien unter anderem die neue Werkhalle und die Radsatzfertigung und –Sanierung zu nennen. Weiterhin wünscht er sich eine bessere und rechtzeitigere Kommunikation, wie sie in der Vergangenheit bei neuen Produkten, wie der Hybridlok gut funktionierte.