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Altmark-Buch Die Wende und ihre Folgen

Die Generation der zwischen 1950 und 1970 Geborenen, soll in einem Altmark-Buch zu Wort kommen. Gesucht werden Interviewpartner.

Von Nora Knappe 22.11.2017, 00:01

Stendal l Die „Lebensgeschichten aus der Altmark“, die 2011 erschienen, 2015 neu aufgelegt und in Lesungen in der Region vorgestellt wurden, dürften vielen noch gut Erinnerung sein. Acht Einzelpersonen oder Paare, geboren zwischen 1915 und 1931, erzählten darin aus ihrem Leben, von der Arbeit in der Landwirtschaft, von Arbeitsdienst und Krieg, der Enteignung in der DDR und der Wende. Aber auch von Traditionen und Bräuchen. Und eben vom ganz normalen Leben.

Nach diesem ersten Buch, das auf große Resonanz stieß, wurden die Herausgeberinnen immer wieder nach einem nächsten Band gefragt. „Einen Band 2 wollten wir aber nicht machen“, sagt Susanne Koch, die das Buch gemeinsam mit ihrer Schwester Almut Koch und dem Fotografen Sebastian Gündel erarbeitet hat. „Aber die zweite Generation, also die Generation der Kinder derer, die wir im ersten Buch interviewt haben, hat uns schon von Anfang an ebenso interessiert. Diese Generation, zwischen 1950 und 1970 geboren, ist viel stärker durch den Einbruch der Wende geprägt, aber eben auch noch – durch die eigenen Eltern – stark vom Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen beeinflusst.“

Und diese Generation sei wiederum der ihrigen viel näher: „Wir drei sind selbst zum großen Teil in der DDR aufgewachsen und haben die Wende sehr bewusst erlebt. Eine spannende Mischung und Herausforderung!“

Für diese Herausforderung brauchen die drei natürlich Protagonisten: Wie schon im ersten Buch wollen sie wieder mit Altmärkern ins Gespräch kommen, wollen sie besuchen, ihr Lebensumfeld und eben ihre Lebensgeschichten kennenlernen. Ein Vorhaben, das großes Vertrauen voraussetzt, dessen sind sich Almut und Susanne Koch bewusst. Doch sie gehen mit Einfühlungsvermögen und dezent auf die Menschen zu. „Es war eine große Verantwortung“, erinnern sie sich an die Besuche für das erste Buch, „schließlich sind wir in das Zuhause und in die Privatsphäre der Menschen eingedrungen.“ Doch am Ende waren sie sich mit ihren Gesprächspartnern sehr nahe und vertraut.

Ebenso behutsam wird sich der Fotograf Sebastian Gündel den Interviewten nähern. Er möchte für das neue Buch essayhaft und bilddokumentarisch arbeiten: „Einerseits soll der Mensch in den Blickpunkt gerückt werden, andererseits die Landschaft. Es soll dargestellt werden, wie beide Elemente ineinandergreifen und einander bedingen.“

Die Altmark haben die Koch-Schwestern dabei nicht aufs Geratewohl herausgesucht, sondern sie haben hier selbst familiäre Wurzeln. „Unsere Mutter ist in Badingen geboren, wo unser Großvater vor dem Zweiten Weltkrieg Pfarrer war“, erzählt Almut Koch. „Und unsere Großmutter war in Kremkau und Badingen seit 1940 Kantorin und nach dem Krieg dann in Döllnitz.“

Almut und Susanne Koch verlebten in den 80er Jahren ihre Sommerferien über viele Jahre in der Altmark. „Diese Sommer haben uns ungemein geprägt, und die Liebe zu Land und Leuten hält bis heute an – inzwischen kommen wir mit unseren eigenen Kindern jedes Jahr hierher und genießen die Entschleunigung, die Natur, die Weite, die üppigen Pilzwälder.“ Bei alledem ist die Altmark für sie auch „der Prototyp ostdeutscher Landschaft: mit ihrer stark geschwächten und abnehmenden Infrastruktur, der fortwährenden Abwanderung, Arbeitslosigkeit und der Vergreisung der Ortschaften“.

Und diese Faktoren möchten sie auch in den Interviews ergründen, möchten herausfinden, „wie zum Beispiel eine der Folgen, die starke Abwanderung, die bis heute anhält, und eine Region beispielhaft für viele andere ländliche Regionen im Osten Deutschlands prägt, in den persönlichen Lebenswegen eine Rolle spielt“.

Den roten Faden sollen dabei folgende Fragen bilden: Wie haben die Menschen die DDR erlebt? Wie war der (berufliche, familiäre) Alltag in der DDR? Wie wurde die Wende erlebt? Woran zeichnen sich Brüche in der Biografie ab und wie äußern sich diese? Warum sind einige von ihnen nach der Wende aus der Altmark weggegangen? Warum sind andere geblieben? Warum sind manche – zum Beispiel inzwischen die Generation der Enkelkinder – wieder zurückgekehrt?