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Amtsgericht Bewährungsstrafe für Dealer

Acht Monate auf Bewährung, 150 Stunden gemeinnützige Arbeit. Dazu verurteilte das Amtsgericht Stendal einen 24-Jährigen wegen Drogenhandels.

Von Wolfgang Biermann 14.08.2017, 16:40

Stendal l In 69 Fällen gewerblich mit Drogen gehandelt und in einem Fall wissentlich an einen Minderjährigen abgegeben zu haben, wurde einem 24-Jährigen aus Tangermünde vorgeworfen. Acht Monate Gefängnis, ausgesetzt für zwei Jahre zur Bewährung, und dazu 150 Stunden gemeinnützige Arbeit, so lautete das Urteil des Amtsgerichtes.

Der angebliche Verbrechens­tatbestand erwies sich als wesentlich geringfügiger als von der Staatsanwaltschaft Stendal angeklagt. Am Ende eines langen Prozesstages mit Anhörung von etlichen Zeugen und Gutachtenerstattung eines Gerichtspsychiaters sah das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Petra Ludwig den Drogenhandel in lediglich zehn Fällen als erwiesen an.

Wobei es sich jeweils um Cannabis von 0,5 bis ein Gramm handelte und der Angeklagte laut Urteil keinen Gewinn machte, weil er die Drogen zum Einkaufspreis an seine Abnehmer durchreichte. Die vorsätzliche Abgabe von Drogen an einen 17-Jährigen fiel gleich gänzlich unter den Tisch, weil der inzwischen tatsächlich 18-Jährige als Zeuge einräumte, dass er dem Angeklagten vor etwa einem Jahr gesagt hätte, er sei schon 18. Der Angeklagte selbst hatte nur zwei Drogenverkäufe zugegeben. Und so sollten drei seiner Abnehmer als Zeugen bestätigen, was sie vor der Polizei angegeben hatten. Nämlich, dass er ihnen das Cannabis zu zehn Euro je Gramm verkauft hatte. „Die wollen nur ihren eigenen Hintern retten und haben mich als Dealer genannt“, behauptete der Angeklagte. Ein Umstand schien ihm recht zu geben: Keiner der drei angeblichen Drogenkäufer, zwei Männer und eine Frau, war der Ladung zum Prozess gefolgt. Und so unterbrach Richterin Ludwig den Prozess zum Herbeischaffen der Zeugen. Wider Erwarten gelang es den Beamten vom Stendaler Revier tatsächlich, die drei Säumigen aus Tangermünde vorzuführen. Doch erwiesen sich diese allesamt als aussageunwillig und verwiesen auf angebliche Gedächtnislücken. Eine 30-Jährige sagte erst gar nicht aus und machte von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch, weil ihr eigenes Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Und die beiden jungen Männer, beide 20 Jahre alt, vermochten keine konkreten Angaben zu machen. Einer von ihnen hatte die Polizei am 20. Juli vorigen Jahres auf die Spur gebracht.

Radelnd und dabei mit dem Handy telefonierend war er erwischt worden. Bei der Kontrolle fanden die Beamten Cannabis. Weil er angab, dieses gerade vom Angeklagten bezogen zu haben, machte die Polizei bei diesem eine Wohnungsdurchsuchung. Sie entdeckte mehr als 60 Gramm Cannabis, teilweise in Portionstütchen verpackt. „Alles Eigenbedarf“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Der Gerichtspsychiater bescheinigte dem Angeklagten, der angab weder schreiben noch lesen zu können, eine „deutliche Intelligenzminderung“. Er sei aber schuldfähig. Eine Drogentherapie hielt der Gutachter für wenig erfolgversprechend. Er empfahl eine Bewährungshaftstrafe mit engmaschigen Kontrollen. Und die sprach das Gericht dann auch aus.

So soll der zehnfach vorbestrafte Angeklagte in den nächsten zwei Jahren straf- und drogenfrei leben. Zum Nachweis seiner Rauschgiftabstinenz muss er sich ein Jahr lang monatlich einem Drogenscreening unterziehen und sich wöchentlich bei der Suchtberatung vorstellen. Der 24-Jährige nahm das Urteil sofort an.