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Amtsgericht Schlag mit der Bierflasche war Notwehr

Stendaler Richter befindet, dass der 37-jährige Angeklagte sich in einer Notwehrsituation befunden habe.

Von Wolfagng Biermann 12.08.2019, 23:01

Stendal l Mit einem Freispruch endete am Amtsgericht der Prozess um einen Schlag mit einer Bierflasche, durch den ein 35-jähriger Osterburger am Abend des 16. Februar 2019 nach vorangegangenem verbalen Streit schwere Kopfverletzungen davongetragen hatte. Er musste im Krankenhaus Seehausen notversorgt werden. Der gefährlichen Körperverletzung angeklagt war ein gerichtsbekannter 37-jähriger Biesestädter mit laufender Bewährung. Mit dem Freispruch folgte das Gericht den übereinstimmenden Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer den Freispruch damit begründet, dass dem 37-Jährigen die gefährliche Körperverletzung „nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit“ hätte nachgewiesen werden können.

Richter Rainer Mählenhoff bezeichnete das Handeln des Angeklagten als „klare Notwehrsituation“. Täter und Opfer kennen sich nach eigenen Angaben schon seit etwa 15 Jahren. Dazu gehört noch ein 25-Jähriger, der vom Geschehen an jenem Abend aber kaum etwas mitbekam, weil er an seinem Smartphone „gedaddelt“ hatte.

„Wir waren alle Kumpels“, gab der Angeklagte an. Derzeit herrsche aber Funkstille. Während der Angeklagte wohl ganz gerne dem Alkohol zuspricht, konsumiert das vermeintliche Opfer nur illegale Drogen. So war es wohl auch an jenem Abend in der Wohnung des 35-Jährigen. Der Angeklagte war nach Auskunft des späteren Opfers „relativ besoffen“. Er selbst hätte zwei Joints intus gehabt. Der Angeklagte sagte, er hätte sich mit dem 35-Jährigen ins „Volllabern gekriegt“. Er sei schließlich von diesem von hinten angegriffen worden und hätte Schläge abbekommen. Als er zu Boden gegangen sei, hätte er instinktiv die Arme hochgerissen, wobei er in der einen Hand noch eine halbvolle Bierflasche gehalten hätte, was er angeblich nicht mehr wusste. Und mit dieser müsse er den 35-Jährigen ungewollt getroffen haben.

In etwa bestätigte das Opfer den Verlauf. Er habe den Angeklagten im Streit aus der Wohnung drängen wollen und ihm dazu auch „zwei Schellen gegeben“. Es sei zum „Clinch“ gekommen, plötzlich habe es geknallt. Erst später habe er realisiert, dass er von einer Flasche getroffen wurde und heftig blutete, weil eine Arterie am Kopf verletzt war.

Doch auch der Angeklagte hatte den Abend nicht unbeschadet überstanden. In einem Attest war unter anderem die Rede von Nasenbeinbruch und Kieferprellung. Atem- oder Blutalkoholproben wurden am Tatabend von der hinzugerufenen Polizei bei Täter und Opfer offenbar nicht genommen oder veranlasst. Lediglich bei dem unbeteiligten Dritten ergab ein Atemalkoholtest 1,23 Promille.