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Auschwitz-Besuch Ein Projekt gegen das Vergessen

Die elften Klassen des Stendaler Fachgymnasiums haben sich mit dem Projekttag auf einen Besuch im KZ Auschwitz vorbereitet.

Von Donald Lyko 04.02.2018, 02:00

Stendal l Als Wochenration für jeden Häftling 50 Gramm Marmelade, 30 Gramm Wurst, 100 Gramm Magerquark, dazu pro Tag Brot und 8 bis 20 Gramm Butter – als Sophia Bach und Nele Dornstander dies in ihrem Vortrag über den Alltag im KZ Auschwitz aufzählen, sind es erst einmal nur Zahlen. Einen richtigen Eindruck davon, wie klein diese Rationen tatsächlich sind, bekommen die Elftklässler, als ein Tablett mit kleinen Schälchen die Runde macht – darauf genau abgewogen die genannten Lebensmittelmengen. Und auch viele Fotos haben die beiden Schülerinnen, die das Thema aufbereitet haben, mitgebracht. An einer Tafel und mit Hilfe ihrer Zuhörer rekonstruieren sie den Tagesablauf in Auschwitz-Birkenau.

Sophia Bach und Nele Dornstander sind Schülerinnen in der 13. Klasse FG 15e (Bereich Soziales), die diesen Projekttag vorbereitet hat und an sieben Stationen verschiedene Themen behandelt. „Uns hat das Alltagsleben interessiert“, sagt Sophia Bach. Als Elftklässlerin hatte sie in Vorbereitung des eigenen Auschwitz-Besuches auch einen Vortrag von Mitschülern dazu gehört. „Damals haben wir uns schon gesagt: Wir würden es anders machen“, erinnert sich Nele Dornstander. Wie anders sie es machen, zeigen sie beim Projekttag „Gegen das Vergessen“. Der fand am vergangenen Montag statt, zwei Tage nach dem 27. Januar, dem deutschlandweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 war das KZ Auschwitz befreit worden.

Nach einem Impulsvortrag über das NS-Lagersystem in Auschwitz geht es in kleineren Gruppen unter anderem um die medizinischen Versuche, um die Häftlingstransporte, um Oskar Schindler und die Rettung von Häftlingen, um Wilhelm Brasse, den Fotografen von Auschwitz, um die Gaskammern. Die rund 120 Elftklässler bekommen dabei einen sehr informativen Einblick, den sie Ende Mai vertiefen können. Dann geht es nach Krakau.

Es wird die mittlerweile vierte Reise sein, die die elften Klassen zum Besuch des KZ Auschwitz-Birkenau unternehmen. „Die Schüler sind davon immer schwer beeindruckt“, sagt Geschichtslehrer Olaf Boese, „danach ist ein anderer Unterricht möglich.“ Dem kann Nele Dornstander nur zustimmen. „Es hat zum Nachdenken, zum Denken angeregt“, sagt die Fachgymnasiastin. Vieles vom dort Gesehenen, Gelesenen oder Gehörten „kann man gar nicht nachvollziehen“.

Die Teilnahme an der Fahrt insgesamt ist freiwillig, aber auch die an einzelnen Programmpunkten. Neben dem Auschwitz-Besuch wird unter anderem der Besuch des jüdischen Viertels in Krakau angeboten oder der der ehemaligen Schindler-Fabrik.

Dass sich die Schüler der Klasse FG 15e selbst Gedanken gemacht haben, wie sie die Themen aufbereiten und vorstellen möchten, findet Olaf Boese gut. „Als Lehrer hat man seine eigene, auch andere Sicht.“ Und so hätten die Schüler darüber nachgedacht, was ihnen wichtig ist, was bei ihnen vom Auschwitz-Besuch hängengeblieben ist.

Der Projekttag soll nicht die einzige Vorbereitung auf die Fahrt sein. Geplant ist ein Kinobesuch, um einen Film anzuschauen, der thematisch passt. Im vergangenen Jahr war es „Er ist wieder da“. Eventuell beschäftigen sich die Elftklässler noch mit den Stolpersteinen in Stendal und Biografien, die in Auschwitz endeten.