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Barrierefrei Reisen Bahnhof ohne Notausgang

Der Bahnhof in Stendal wird auf Barrierefreiheit umgebaut. Den Behindertenbeirat treibt die Sorgen, ob er für den Notfall gerüstet ist.

Von Regina Urbat 17.01.2020, 00:01

Stendal l Die Nachricht bereitet ihnen Sorgen. Am Rande der Testfahrt mit Bus und Bahn im Raum Stendal haben Mitglieder vom Inklusionsbeirat erfahren, dass ein sogenannter Notzugang zu den Bahngleisen auf dem Stendaler Hauptbahnhof 2021 verschwunden sein soll. Dann nämlich sollen die Bauarbeiten für die barrierefreie Umgestaltung des Bahnhofes mit ICE-Anschlüssen zu Großstädten wie Berlin, Köln und Amsterdam abgeschlossen sein. Rund 18 Millionen Euro investieren Bahn AG und Land in das Bauprojekt, zu dem Sanierungsarbeiten am Bahnhofsgebäude und ein neuer Haltepunkt am Hochschulcampus (Bahnstrecke nach Osterburg) gehören.

Der Gleisüberweg am Ende des Bahnsteigs 1 wäre hinfällig, heißt es, weil die Beförderung zu den Bahnsteigen durch die drei neuen Fahrstühle erfolgt, zuzüglich der Treppenzugänge zum Tunnel. „Doch was passiert bei einem Defekt, wenn der Fahrstuhl ausfällt? Wie gelangen Menschen mit Behinderungen dann von einem Bahnsteig zum anderen?“ Marcus Graubner gibt selbst die Antwort: „In Notfällen gibt es keine Möglichkeit mehr, barrierefrei den Zug zu erreichen oder den Bahnsteig zu verlassen.“ Beiratsvorsitzender Reiko Lühe und seine Stellvertreterin Wibke Bretscheider stimmen ihm zu. Aus ihrer Sicht wäre es kein Problem, trotz der Aufzüge den Übergangsweg beizubehalten, um für den Notfall gerüstet zu sein.

Zusätzlich treibe sie noch eine zweite Sorge. Wie der Übergang, soll mit dem Umbauabschluss auch der Mobilitätsservice in Stendal wegfallen. Das heißt, dass die Deutsche Bahn kein Servicepersonal dem Bahnhof in Stendal einsetzt, das Reisenden mit Handicap behilflich ist. „Barrierefreiheit zu den Bahnsteigen ist nicht gleichbedeutend mit dem selbstständigen Einsteigen in den Zug“, ist sich das Trio vom Inklusionsbeirat einig und hat schriftlich eine Bitte an die Deutsche Bahn verfasst. Es sollte geprüft werden, inwieweit man Bewährtes behalten kann, „um die neu gewonnene Barrierefreiheit optimal für alle Reisenden zu nutzen.“ Es gehe nämlich nicht ausschließlich um behinderte Menschen, sondern auch um Senioren und Familien, denen das Zugreisen erleichtert werden sollte.

Während der Beirat noch auf eine Antwort wartet, hat die Bahn auf die Volksstimme-Nachfrage reagiert. So wird der Gleisüberweg mit Abschluss der Bauarbeiten tatsächlich abgerissen. Er „war eine bauliche Zwischenlösung und ist aus Sicherheitsgründen keine Dauerlösung.“ Künftig werden alle Bahnsteige über Aufzüge erreichbar sein. Die Fahrstühle seien fernüberwacht und würden einen technischen Defekt direkt beim Dienstleister melden, heißt es in der Mitteilung der Deutschen Bahn, die versichert, dass „die Entstörzeiten in der Regel gering sind“.

In ihrer Mobilität eingeschränkten Reisenden empfiehlt die DB, „sich immer über die Mobilitätsservice-Zentrale der Bahn anzumelden“. Fahrstuhl-Ausfälle werden dorthin sofort gemeldet, die Kollegen bemühen sich um Alternativen zur Fahrt. „Das kann eine Umorganisation der Bahnsteigbelegung sein oder eine alternative Fahrtroute. Bei bekanntem längerem Ausfall eines Aufzuges werden Vorort auch Hilfspersonen durch die Bahn gestellt.“

Außerhalb von Notfällen stelle die Bahn in Stendal kein Personal zur Verfügung. „Um auf die Bahnsteige zu gelangen, bedarf es durch die Aufzüge keiner weiteren Hilfe“, zudem würden „alle Nahverkehrszüge niveaufrei selbstständig erreichbar sein“, begründet die Deutsche Bahn die Streichung des Mobilitätsservice in Stendal.