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Barrierefreiheit Mindestens noch vier Jahre warten

Die Barrierefreiheit im Stendaler Bahnhof kommt. Allerdings erst 2021. Darüber informierte die Bahn bei einer Veranstaltung.

Von Thomas Pusch 18.08.2017, 01:01

Stendal l „Die Veranstaltung hatte zwei Seiten, eine positive und eine negative.“ So lautet der Tenor zu der Informationsrunde, zu der die Bahn am Mittwoch Vertreter von Interessenverbänden, aus Politik und Verwaltung eingeladen hatte. Das Thema war die Barrierefreiheit des Stendaler Bahnhofes, genauer, bis wann diese geschaffen sein soll. Die Bahn hatte mit dem Konzernbeauftragten für Sachsen-Anhalt, Eckart Fricke, und der Regionalbereichsleiterin Jeannette Winter hochrangige Vertreter entsandt, ebenso die Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa), die durch Geschäftsführer Klaus Rüdiger Malter vertreten wurde.

„Wir sind froh, dass es nun dieses Gespräch gab, um das wir im Februar gebeten hatten“, sagte der Vorsitzende des Kreis-Behindertenbeirates, Marcus Graubner, im Gespräch mit der Volksstimme. Dass mit der Fertigstellung nun erst für Sommer 2021 geplant werde, sei zwar unbefriedigend, aber die Planung scheine solide zu sein. „Positiv ist allerdings, dass nun Vertreter der Betroffenenverbände zu den Bauberatungen eingeladen werden sollen“, sagte er. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, die Betroffenen würden immer mehr.

Und sie sind vor allem unterschiedlich. Kommt es beim körperbehinderten Graubner auf das Überwinden von tatsächlichen Barrieren an, brauchen Blinde und Sehbehinderte ganz andere Unterstützung. „Wir brauchen vor allem Ansagen“, meinte Erika Schmidt, Leiterin der Selbsthilfegruppe Stendal-Land. Beschriftungen mit Blindenschrift würden nicht reichen, da die nur von wenigen beherrscht würde. „Vor allem die Älteren können Braille nicht lesen“, erklärte sie gegenüber der Volksstimme. Zwar sei es bei der Runde in erster Linie um die Installation der Fahrstühle und die Angleichung der Bahnsteige gegangen, ihre Anregung sei aber aufgenommen worden.

Der Termin war mehrmals verschoben worden. Auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Katrin Kunert (Die Linke) 2009, welche Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt bis Ende 2011 berrierefrei sein würden, lautete die Antwort: Stendal. Als nächster Termin wurde 2017 genannt, nun 2021. „Das ist zwar ein Licht am Ende des Bahnhofstunnels, aber ob es wirklich soweit kommt, bleibt abzuwarten“, meinte Landtagsabgeordneter Hardy Peter Güssau (CDU). Ursprünglich sollte der Stendaler Bahnhof bereits mit dem ersten ICE barrierefrei sein. Das war im Herbst 1998 – vor fast 20 Jahren.

Sich über die neue Terminverschiebung zu ärgern, versteht Bernd Zürcher, Regionalleiter des Paritätischen. Wichtiger findet er aber, dass eine Lösung gefunden wird, wie schon vor 2021 Menschen an den Zügen und Bahnsteigen geholfen werden kann. „Das wäre doch durch Personaleinsatz möglich“, schlug er vor. Entweder die Bahn könne die Kräfte selbst stellen oder würde die Bahnhofsmission unterstützen. Nicht zuletzt sollte man wohl auch an die Menschlichkeit appellieren und darauf setzen, dass Reisende ein Auge für Menschen haben, die Hilfe benötigen.

Landtagsabgeordneter Wulf Gallert (Die Linke) dachte noch über 2021 hinaus. „Bis zum Jahr 2025 wird die A14 in Sachsen-Anhalt nicht durchgängig sein, dass bedeutet einen regelmäßigen Kollaps auf der B 189“, sagte er. Das sei natürlich auch eine Chance für die Bahn, die die Nord-Süd-Pendler zwischen Wittenberge und Magdeburg ebgreifen könnte. Doch dafür müssten die Bahnhöfe zeitgemäß sein. Und dazu gehört eben auch die Barrierefreiheit.

Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) fand es zunächst positiv, dass über die Vorstellungen und Wünsche zur Barrierefreiheit erstmals auch mit Betroffenen auf dieser Ebene gesprochen wurde. „Negativ ist aber, dass wir weiterhin warten müssen“, benannte er die Kehrseite. Die Vorschläge von Bernd Zürcher unterstützte er. Durch die Unterstützung von Menschen werde der Bahnhof zwar noch nicht barrierefrei, aber es werde einfacher für die Hilfebedürftigen. Unzufrieden zeigte auch er sich mit den ständig neuen Planungen der DB. „Wir haben 2011 gehört, dann 2017, jetzt ist es 2021, die Botschaft hören wir wohl und wir wollen auch daran glauben“, hat er noch Restzweifel.

Auch wenn nicht alles bis ins letzte Detail geklärt werden konnte, zog die DB ein positives Fazit. „Es war wichtig und richtig, alle Beteiligten und Betroffenen auf einen aktuellen Informationsstand zum barrierefreien Ausbau der Verkehrsstation Stendal zu bringen“, hieß es am Donnerstag von Bahnsprecherin Erika Poschke-Frost.