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Beschädigung Bissspuren an Tonne deuten auf Ratten hin

Ob Ratten oder nicht, ein Rentner aus Miltern soll Schadensersatz für eine gelbe Tonne zahlen und weigert sich - wegen Verleumdung.

Von Regina Urbat 31.08.2019, 01:01

Stendal/Miltern l Vögel zwitschern, Bienen summen auf den Blumenbeeten. Es ist gepflegt und schön auf dem Grundstück von Hartmut Rades in Miltern. Doch die Freude vergeht ihm, als das Thema des Pressebesuches ansteht: die gelbe Tonne.

Ja, sagt der 65-jährige Rentner, und schlägt einen Aktenordner auf. Zig Schreiben belegen das Hin und Her zur Ursachenforschung, ob nun Ratten oder er mutwillig mit einer Flex den Behälter für Plastikabfall beschädigt hat. Hartmut Rades ist felsenfest davon überzeugt, dass Ratten das Loch in den Deckel geknabbert und darunter sogar Teile der sogenannten Regenschutzkante abgefressen haben. Bemerkt habe er die Beschädigung zum Ende vergangenen Jahres. Daraufhin hatt er den Vorfall selbst beim Entsorger Recyclinghof Farsleben gemeldet. „Und dann begann der Ärger“, so Rades.

Wie die Volksstimme bereits im März ausführlich berichtete, widersprechen Entsorger und Kreisverwaltung, die einer Rattenplage nachgehen sollte und keine feststellte, nach wie vor. „Sie behaupten, ich hätte die Kante abgeflext“, sagt Rades und fügt kopfschüttelnd hinzu: „Warum sollte ich das tun?“ Für seine Rattenbiss-Vermutung spreche die im selben Stil angeknabberte gelbe Tonne auf dem Grundstück gleich nebenan. Nur dass diese Tonne nicht abgeholt, sondern ungeleert stehen blieb. Und dass die Nachbarin das getan hat, was Rades bislang ablehnt.

Sie habe nach Aufforderung und Mahnung durch den Entsorger 83 Euro Schadensersatz bezahlt und trotzdem keine neue Tonne bekommen. Auf Nachfrage beim Recyclinghof Farsleben sei ihr mitgeteilt worden, dass der Chip des Behälters wieder freigeschaltet worden sei und „ich die angeknabberte Tonne nun wieder nutzen kann“, so die Nachbarin gegenüber der Volksstimme.

„Den Quatsch soll man verstehen“, hadert Rades. Er weigerte sich bislang strikt, auf das zum Jahresbeginn gemachte Angebot des Entsorgers einzugehen, eine neue Tonne für 75 Euro plus Mehrwertsteuer zu bekommen. Der Behälter sei von ihm nicht absichtlich beschädigt worden. Deshalb möchte er ohne Aufpreis eine gelbe Tonne zur Verfügung gestellt bekommen. „Und wenn sie mir die angeknabberte bringen“, so sein Argument.

Dass er damit nicht durchkommen wird, machte Norman Mattke gegenüber der Volksstimme unmissverständlich deutlich. Es gebe keine Ausnahme, „wer fremdes Eigentum beschädigt, muss dafür aufkommen“, betont der Geschäftsführer des Recyclinghofes. Ihm sei es egal, wie die Tonne beschädigt wurde, es sei nicht seine Aufgabe zu prüfen, ob es Rattenbisse waren oder nicht. Einzig biete er Jürgen Rades an, in seinem Fall bei null zu beginnen, um ihn vernünftig zu klären, ohne Druck auszuüben.

Nach der ersten Kontaktaufnahme hat sich die Angelegenheit schnell hochgeschaukelt. Rades fühlte sich missverstanden, dann ungerecht be- handelt. Trotzreaktionen und Beschwerdebriefe am mehrere Behörden seien die Folge gewesen, „die ich hätte lieber sein lassen sollen“, so der Rentner heute. Doch als in der Kreistagssitzung im März der 1. Beigeordnete des Landrates, Denis Gruber (SPD), Fotos seiner beschädigten Tonne herumreichte und öffentlich erklärte, dass es sich nicht um Rattenbisse, sondern Spuren einer Flex handelt, sei sein Zorn gewachsen. „Das ist eine öffentliche Verleumdung, die ich mir nicht gefallen lassen muss“, so der Mann aus Miltern und ergänzt: „Die Leute zeigen heute noch mit dem Finger auf mich.“

Mit dem Angebot vom Geschäftsführer konfrontiert, sagte er am gestrigen Freitag: „Es enttäuscht mich.“ Er werde darüber zwei, drei Tage nachdenken.