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BGH-Revision Strafe für Missbrauch zu hart?

Der Prozess gegen einen Gardelegener wegen sexuellen Kindesmissbrauchs muss neu aufgerollt werden. Der BGH hat Revision eingelegt.

Von Wolfgang Biermann 09.06.2016, 23:01

Stendal l Am Freitag, 10. Juni, wird nach Revision durch den Bundesgerichtshof (BGH) vor der 6. Strafkammer am Landgericht Stendal der Fall eines wegen sexuellen Kindesmissbrauchs verurteilten Mannes neu aufgerollt, wobei am Schuldspruch selbst nicht gerüttelt werden soll. Es geht lediglich um die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung.

Die 3. Strafkammer am Landgericht hatte im Juli 2014 den heute 52 Jahre alten Angeklagten aus Gardelegen zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt, weil er nach Auffassung des Landgerichts im Jahr 2010 seine damals neunjährige Nichte missbraucht hat, wobei es aber nicht zum Geschlechtsverkehr kam. Der nicht vorbestrafte Angeklagte hatte bestritten, im Beisein seiner leiblichen Tochter sexuelle Handlungen an dem Mädchen vorgenommen zu haben. Auch habe das Mädchen keine solchen Handlungen an ihm vornehmen müssen.

„Die Kammer ist davon überzeugt, dass es den Missbrauch gab“, hieß es seinerzeit im Urteil. Das beruht laut Begründung „in erster Linie“ auf der Aussage des Opfers. Das Mädchen war von einer Berliner Psychologin als glaubwürdig eingeschätzt worden. Ihrem Gutachten war das Gericht gefolgt. Mit dem Urteil ging das Gericht über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß hinaus.

Die hatte acht Monate Gefängnis auf Bewährung gefordert. Auf die Revision des Angeklagten hatte der 4. Strafsenat am Bundesgerichtshof im Januar 2015 das Urteil des Landgerichts Stendal aufgehoben, „soweit dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist“, und den Fall zur erneuten Verhandlung ans Landgericht Stendal zurückverwiesen, allerdings an eine andere Strafkammer.

Nach Vorgabe des BGH soll nun die 6. Strafkammer prüfen, ob der Angeklagte eine günstige Kriminalprognose besitzt. Diese Prüfung sei in der Erstinstanz nicht ausreichend genug vorgenommen worden, hatte der 4. Strafsenat am BGH bemängelt. Ursprünglich sollte der Prozess schon im Juli vorigen Jahres stattfinden, war aber wegen Erkrankung des Vorsitzenden Richters ausgesetzt worden.