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Briefwahl Stendal Entsetzen über Stendaler Verwaltung

SPD und Linke wollen Strafanzeige wegen Verleumdung vermeiden, erwarten aber Klartext von Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz.

10.11.2017, 23:01

Magdeburg l Die Empörung war groß: Die SPD fühlte sich nach Äußerungen von Rathaus-Mitarbeiterinnen in der September-Sitzung vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung in den Wahlskandal der CDU hineingezogen. SPD-Ratsmitglied Reiner Instenberg hatte kurz darauf im Stadtrat angekündigt, dass seine Fraktion und Partei rechtliche Schritte einleiten werden, wenn das Rathaus und die beiden Mitarbeiterinnen die Äußerungen nicht klarstellten.

Auch Linke/Grüne-Fraktionschef Joachim Röxe wies die Darstellung der Rathaus-Mitarbeiterinnen „auf das Schärfste zurück“ und bat, „Belege zu nennen, welche Mitglieder meiner Partei gegen die Regelung verstoßen haben“.

Die Volksstimme hatte berichtet, dass eine Mitarbeiterin auf intensives Nachfragen erklärte, dass auch bei Wahlen 2014 und davor „zwischen fünf und zehn Vollmachten“ von Mitgliedern „der Spitzenparteien“ eingereicht worden seien.

Stendals Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) sagte damals: „Ich würde auf das Protokoll warten, was tatsächlich formuliert wurde. Ich werde das beantworten, sobald ich das kann.“ Dieses Protokoll liegt nun vor. So sagte die eine Mitarbeiterin auf eine Frage zur Vorlage von größeren Mengen an Vollmachten: „Zum Beispiel ist das auch parteimäßig, dass die Leute die geholt haben, um Wähler zu kriegen, die sonst nicht gehen würden. Das ist eigentlich immer so vollzogen worden.“

Die Nachfrage des Abgeordnete Volker Olenicak (AfD): „Ist das über alle Parteien oder gab es spezielle Parteien, die Ihnen bekannt geworden sind, die das so praktizieren?“ beantwortete sie mit: „Eigentlich die Spitzenparteien bei uns“ und fügte auf Nachfrage an: „CDU, SPD.“

Ihre Kollegin bejahte die Frage von Henriette Quade (Linke): „Ihre Kollegin hat ausgesagt, dass es üblich sei, dass das parteimäßig – also dass man das wisse, dass auch Parteien sozusagen oder Vertreter von Parteien mehrere Zettel abholen.“ Nachfrage Quade: „Können Sie das bestätigen?“ Antwort: „Ja.“

Noch vor der Fertigstellung des Ausschussprotokoll bestätigte Schmotz beiden Fraktionen die ohnehin bekannte Tatsache: Weder Vertreter der SPD noch der Linke hatten 2014 gegen die Vierer-Regelung bei den Vollmachten verstoßen. Dies hatten dagegen Mitglieder und Mitarbeiter der CDU.

Zu den pikanten Äußerungen der Rathaus-Mitarbeiterinnen will sich Oberbürgermeister Klaus Schmotz offenbar nicht äußern. Die Pressestelle der Stadt Stendal jedenfalls ließ eine entsprechende Anfrage der Volksstimme diese Woche im Bürokratendeutsch abtropfen. Die Stadtverwaltung werde „weder die vorliegenden noch die zukünftig zu erstellenden Protokolle kommentieren oder bewerten“. Erst nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses „kann gegebenenfalls über Inhalte und Ergebnisse eine Stellungnahme erfolgen“.

Joachim Röxe ist das zu wenig. „Ich erwarte, dass der Oberbürgermeister zu seiner Ankündigung steht und den Widerspruch auflöst.“ Sozialdemokrat Reiner Instenberg gibt sich noch offensiver und spricht von einer „katastrophalen Außenwirkung der Verwaltung. Mir fehlen da die Worte, wenn der Chef da nicht unruhig wird.“ Mit einer endgültigen Klarstellung des Rathauschefs könne man von weiteren Schritten gegen die Mitarbeiterinnen absehen, heißt es inzwischen aus den Fraktionen.

Auch Klaus Ortmann, Pressesprecher der Stadt Stendal, lenkte ein, als die Volksstimme ihn auf die Unstimmigkeiten zwischen der Rathaus-Antwort und den Äußerungen von Klaus Schmotz vor dem Stadtrat hinwies: „Selbstverständlich wird Herr Oberbürgermeister Schmotz wie immer sein Versprechen einhalten.“