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Bundestagswahl Ein, zwei oder drei Abgeordnete?

Das Bewerberfeld für die Bundestagswahl im September ist fast abgesteckt. Wer aus der Altmark hat welche Chancen - eine Analyse.

28.12.2016, 23:01

Eckhard Gnodtke (CDU): Es war die Überraschung im vorigen Sommer: Jörg Hellmuth erklärte, nach nur einer Wahlperiode im Herbst 2017 mit 60 Jahren der aktiven Politik den Rücken zu kehren. Mit dem langjährigen Stendaler Landrat war es der CDU 2013 erstmals nach fünf sieglosen Bundestagswahlen gelungen, in der Altmark das Direktmandat zu holen. Doch Hellmuth fremdelte sichtbar im politischen Berlin. Der Betrieb des Reichstags tickt doch ganz anders als der des Stendaler Landratsamtes.

Auch für 2017 setzt die altmärkische CDU wieder auf einen Mann aus der Verwaltung. Parteipolitisch ist Eckhard Gnodtke noch nicht groß in Erscheinung getreten, als stellvertretender Landrat ist der 58-Jährige hingegen seit Jahren eine feste Größe in der westlichen Altmark.

Im bevölkerungsreicheren östlichen Teil des Wahlkreises muss sich der Christdemokrat aber erst noch bekannt machen. Spannend dürfte werden, wie gut der Verwaltungsexperte auch Wahlkampf kann.

Prognose: Eckhard Gnodtke muss den Wahlkreis direkt gewinnen. Auf der CDU-Liste dürften zahlreiche Abgeordneten vor ihm landen. Politisch ist er bislang der große Unbekannte, aber auch der Favorit. Eigentlich müsste die CDU bei der Bundestagswahl in der Altmark vorne liegen. Aber: Das haben einige Christdemokraten auch bei anderen Wahlen gedacht – und lagen nicht immer richtig.

Matthias Höhn (Linke): Er ist der prominenteste Kandidat und doch in der Altmark ein unbeschriebenes Blatt. Und dennoch dürfte es der altmärkischen Linken in der aktuellen Situation nur mit Matthias Höhn gelingen, weiter mit einem Abgeordneten in Berlin vertreten zu sein.

Es ist für die Linke nämlich kompliziert. Dass Katrin Kunert nach zwölf Jahren Bundestag in 2017 mit gerade einmal 53 Jahren mit der Bundespolitik Schluss macht, hat die Öffentlichkeit im Frühjahr überrascht. Ein kleiner Kreis von Parteifreunden wusste es allerdings schon länger.

Doch eine Alternative zu der quirligen Stendalerin haben die altmärkischen Genossen nicht in ihren Reihen. Zumindest keine, die auch innerparteilich Chancen auf einen der vorderen Listenplätze hat. Da passt es, dass der 41-jährige Landtagsabgeordnete und Bundesgeschäftsführer der Partei auch in den Bundestag will. Als Wahl-Magdeburger hat es Höhn nicht allzu weit nach Berlin und in die Altmark.

Sofern ihn die Basis Mitte Januar als Direktkandidaten nominiert, dürfte er gute Chancen auf den vierten Listenplatz haben. Höhns Betätigungsfeld ist indes weitgehend in der Hauptstadt, wo er auch nach den Wahlen für seine Partei im Fernsehen immer in der Berliner Runde zu sehen ist.

Prognose: Es dürfte knapp am Wahlabend werden. Selbst Platz 4 ist je nach Wahlausgang keineswegs sicher für die Linke. Dass Matthias Höhn Katrin Kunerts Überraschungscoup von 2009 wiederholt und den Wahlkreis direkt gewinnt, ist indes noch unsicherer.

Marina Kermer (SPD): Die ehemalige Leiterin der Stendaler Agentur für Arbeit war vor vier Jahren die Senkrechtstarterin in der altmärkischen Politik. Kermer trat 2012 erst mit ihrer Nominierung als Bundestagskandidatin der SPD bei. So manchem Genossen – insbesondere in der südwestlichen Altmark – ist der fehlende Stallgeruch bis heute nicht ganz geheuer.

Die 56-Jährige hat sich jedenfalls in den Politik-Betrieb reingefuchst. Ihre Fraktion entsandte sie in den Gesundheitsausschuss. Hier ist sie insbesondere für die Krankenhäuser zuständig. In der Altmark hat Kermer die Tippeltappel-Tour an der Basis hinter sich. Diese stellte sie mit deutlicher Mehrheit wieder als Kandidatin auf.

2013 zog Kermers damaliger Listenplatz 4 der Sachsen-Anhalt-SPD erst spät in der Nacht, nachdem klar war, dass die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag verfehlt hatte.

Dieser Platz wird 2017 nicht reichen. Spannend wird es für Kermer daher am 18. Februar. Dann stellt Sachsen-Anhalts SPD ihre Landesliste auf. Gerangel um den einzigen „sicheren „Frauenplatz“ – Platz 2 der Liste – ist vorprogrammiert. Ex-Parteichefin Katrin Budde plant ein Comeback im Bundestag.

Auch eine weitere Wahl-Altmärkerin könnte Kermer in die Quere kommen: Franziska Kersten hatte im März im Bereich Tangerhütte/Tangermünde/Genthin für den Landtag kandidiert, zur Bundestagswahl tritt sie im Wahlkreis Börde/Jerichower Land an.

Prognose: Als Direktkandidatin ist bei der derzeitigen politischen Großwetterlage ein Sieg wenig wahrscheinlich. Für Kermer kommt es auf den 18. Februar an, ob sie den sicheren Listenplatz  2 erhält und in den nächsten Bundestag einziehen kann.

Marcus Faber (FDP): Die Liberalen werden erst im Frühjahr ihren Bewerber nominieren. Dass es erneut Marcus Faber sein wird, ist allerdings höchstwahrscheinlich. Es gibt unter seinen Parteifreunden keinen, der sich als ernsthafter Konkurrent gegen den FDP-Kreischef und stellvertretenden Landesvorsitzenden in Stellung bringen will.

Als Direktkandidat ist er chancenlos, spannend wird es auch für Faber, ob ihm der Sprung auf den zweiten Listenplatz der Landes-FDP gelingt. Der könnte über kurz oder lang einen Sitz im Bundestag bedeuten.

Bei den Liberalen gibt es das Szenario, dass Parteichef Frank Sitta als „das Gesicht“ der Sachsen-Anhalt-FDP Spitzenkandidat für die Bundestagswahl wird. Auf Dauer sieht sich Sitta indes eher in der Landespolitik. Die FDP spekuliert ohnehin, dass Schwarz-Rot-Grün schon vor 2021 scheitert.

Dann könnte Sitta für den Landtag antreten und der Bundestagsplatz würde für Faber als Zweitplatziertem frei – vorausgesetzt die FDP nimmt jeweils die Fünf-Prozent-Hürde und der bereits in Berlin arbeitende Doktor der Politikwissenschaften setzt sich entsprechend durch.

Prognose: Marcus Faber wird einmal in den Bundestag einziehen – noch nicht im Jahr 2017, aber vielleicht 2021. Oder früher. Oder später. Der  32-Jährige braucht allenfalls etwas Geduld und Glück.

Mirko Wolff (Grüne): Was Marcus Faber noch vor sich hat, ist Mirko Wolff bereits gelungen. Die Bündnisgrünen nominierten als erste Partei den 40 Jahre alten Kalbenser Anfang Oktober als Bundestagskandidaten. Im November wählte ihn die Partei auch auf den zweiten Listenplatz.

Der ehemalige Ortsbürgermeister von Kalbe dürfte nicht die großen Berlin-Ambitionen haben. Jedenfalls wären diese nicht sonderlich realistisch. Listenplatz 2 hat bei Sachsen-Anhalts Grünen eher symbolischen Wert, der kaum für ein Ticket in die Hauptstadt reichen dürfte. Dafür müsste die Partei schon deutlich zulegen.

Mit Wolff setzen die Grünen aber ein Signal – gegen Rechts. So arbeitet der Altmärker für Miteinander, dem Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt.

Prognose: Im nächsten Bundestag wird Mirko Wolff wohl nicht sitzen. Aber bei den Landes-Grünen dürfte der Kalbenser durchaus noch eine Zukunft vor sich haben.

Matthias Büttner (AfD): Ob der 26-jährige Stendaler für die AfD kandidieren kann, entscheidet sich wohl Ende Januar. Der Mitarbeiter des Landtagsabgeordneten Ulrich Siegmund gilt jedoch als Favorit, allein schon weil er aus dem stärkeren der beiden Kreisverbände kommt.

Doch wie wird die AfD bei der Bundestagswahl abschneiden? Hat Büttner Chancen auf einen vorderen Platz der Landesliste seiner Partei? Letzteres wird das Frühjahr bringen, ersteres erst die Wahl im September. Politische Erfahrungen sammelt Büttner neben der Arbeit für Siegmund als fraktionsloser AfD-Stadtrat in Stendal. Dort ist er eher zurückhaltend. AfD-Mitglied ist er bereits seit Sommer 2014.

Prognose: Neben Eckhard Gnodtke ist Matthias Büttner der zweite große Unbekannte bei dieser Wahl. Bei der Landtagswahl konnte die AfD im Süden des Landes 15 Direktmandate holen. Das hatte niemand vorher kalkuliert. In der Altmark schaffte sie das jedoch nicht.