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CoronaAmtsärztin rudert nicht zurück

Stendals Amtsärztin hat eingeräumt, mit ihren Aussagen über die Sterblichkeit in der Corona-Pandemie für Irritationen gesorgt zu haben.

Von Antonius Wollmann 27.01.2021, 00:01

Stendal l Die Kreisverwaltung hatte für Dienstag zu einem Pressegespräch eingeladen. Amtsärztin Dr. Iris Schubert wollte sich noch einmal zu den Todeszahlen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie äußern, nachdem ihre Einlassungen zu der Thematik am 12. Januar für Irritationen, vor allem in den sozialen Medien gesorgt hatten.

Ein Pressegespräch im herkömmlichen Sinne gab es nicht. Nach den einleitenden Worten von Landrat Patrick Puhlmann (SPD) zum Infektionsgeschehen war die Veranstaltung nach den Ausführungen der Leiterin des Gesundheitsamtes schon wieder beendet. Direkte Nachfragen „sind unerwünscht“, hieß es.

Schubert räumte in ihrem Statement ein, dass sie sich missverständlich ausgedrückt hatte. In Hinblick auf die Todesfälle habe sie sich zu einer irrtümlichen Aussage zum Jahr 2020 hinreißen lassen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine belastbaren Zahlen vorgelegen hätten. Sie blieb aber am Dienstag bei ihrer Aussage, dass im Landkreis Stendal in den zurückliegenden Jahren „keine erhöhte Sterberate festzustellen ist“.

Bezogen auf die ihr vorliegenden Totenscheine lagen die Zahlen im Jahr 2020 zwischen 115 und 194 Todesfällen pro Monat. Der höchste Wert sei im Dezember 2020 (194) erreicht worden. Abweichungen von den Daten des Statistischen Landesamtes (siehe Grafik) seien dadurch zu erklären, dass dort auch Personen erfasst werden, die zwar im Landkreis gemeldet sind, aber in anderen Orten versterben, erläuterte die Amtsärztin.

Die Zahlen stiegen also genau in dem Monat an, in dem sich das Coronavirus extrem dynamisch in der Ostaltmark ausbreitete. Parallel dazu meldete das Gesundheitsamt immer mehr Menschen, die mit oder an Covid-19 verstarben. Seit dem 20. Dezember waren es 115 Personen.

„Hier gibt es im Vergleich zum Dezember 2019 einen Anstieg von 36 Prozent. Die Gesamtjahreszahl 2020 wird dadurch aber bisher nicht erhöht“, sagte Schubert. Schwankungen von bis zu 44 Prozent zwischen den Monaten seien nicht ungewöhnlich. Aufgrund von Nachmeldungen könne sich die Dezember-Zahl noch einmal verändern.

Auf das Thema Übersterblichkeit kam sie auch zu sprechen. Das Statistische Landesamt in Halle hatte am 22. Januar gemeldet, dass in Sachsen-Anhalt im Dezember 31 Prozent mehr Personen verstorben waren als im Vergleichszeitraum 2016 bis 2019. Dabei weist der Landkreis Stendal ab der 52. Kalender Woche (beginnend mit 21. Dezember) mit 163 Prozent den mit Abstand höchsten Wert im Bundesland auf. Es folgt das Jerichower Land mit 122 Prozent.

Der Wert sage aber nichts über die Todesursachen aus, kommentierte Schubert die Zahlen. Die können vielfältiger Natur sein. „Die Ermittlung der genauen Todesursache erfordere eine komplexe wissenschaftliche Analysierung“, so die Amtsleiterin. Eine Herausforderung in der Corona-Pandemie sei, dass viele ältere Bürger von Vorerkrankungen betroffen waren. Einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Ursachen der Übersterblichkeit blicke sie mit Interesse entgegen.

Derweil geht die Corona-Immunisierung im Landkreis weiter. Die mobilen Impfteams haben in etwa 60 Prozent der Pflegeheime die Erstimpfung vorgenommen, teilte die Kreisverwaltung auf Nachfrage der Volksstimme nach der gestrigen Pressekonferenz mit. In acht Einrichtungen seien keine Impfungen möglich, weil Bewohner infiziert sind.

Der Mitte Januar angekündigte Impf-Masterplan, um die Menschen möglichst nah an ihren Wohnorten zu immunisieren, sei noch in Arbeit, die Abstimmungen mit den einzelnen Kommunen zu dezentralen Lösungen „sind noch nicht abgeschlossen“, so die Kreisverwaltung.