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Corona Ostern auf den Philippinen

Seit Anfang März ist der Havelberger Dieter Haase in Südostasien. Er brachte Spenden und sitzt nun mit der Corona-Pandemie dort fest.

Von Heinz-Dietrich Haase 15.04.2020, 09:00

Legazpi City / Alcala  l Osterstimmung kommt nicht auf – verständlicherweise. Allerdings wird das Fest hier ohnehin nicht groß gefeiert, zumindest nicht zu Hause in den Familien. Der Kirchgang ist in dem katholisch geprägten Land dominierend – am Karfreitag, am Ostersonnabend und am Ostersonntag. In diesem Jahr allerdings musste auch der Kirchgang ins Wasser fallen. Wegen der Corona-Epidemie sind alle Gotteshäuser geschlossen. Gottesdienste gab es nur im Fernsehen – Pfarrer in ihren leeren Kirchen – und im Radio. Die beste Möglichkeit, zu Ostern zu beten.

In „meiner“ siebenköpfigen Familie Seva wurde das an jedem Tag mindestens zweimal getan. Völlig unpassend allerdings: Immer wieder wurden die wahrscheinlich vorproduzierten Gottesdienste durch minutenlange Werbeblöcke unterbrochen. Allgemein finde ich das mit der Reklame hier weitaus schlimmer als in Deutschland. Fünf Minuten Spielfilm oder Serie schließen sich stets bis zu acht Minuten lange Werbeblöcke an, in denen sich aber immer auch mindestens zwei Aufklärungsfilmchen zur Vorbeugung von Covid 19 befinden. Das ist gut so.

Ostern auf den Philippinen. Am Sonnabend und Sonntag hat mich Maricel Seva, die Mutter der armen Familie, bei der ich lebe, zum Frühstück jeweils mit zwei gekochten Eiern überrascht. Die Schale grün eingefärbt. Also richtige Ostereier. Zu kaufen gibt es solch bunte Eier hier übrigens nicht. Da hat sich Maricel Seva was einfallen lassen. Nur für mich! Auch Ostersüßigkeiten, von denen es in Deutschland ja eine riesige Palette gibt, sind in den Geschäften auf den Philippinen nicht zu haben.

Festessen war hier traditionell an jedem Tag frisch gefangener, gebratener Fisch. Eine recht kleine Fischart, von der ich nicht weiß, wie sie heißt. Das Beste für mich zum Lunch (Mittagessen) aber war eine weitere Überraschung: Gurkensalat. Ich fühlte mich gleich wie zu Hause. Auch ist hier jetzt im Sommer Tomatensaison. Kleine rote und grüne Tomaten. Sehr lecker.

Die große Familie Marinda habe ich bei einem Osterspaziergang vor ihrem Haus sitzend angetroffen. Mit einem „Hey, where are you going?“ („Wohin gehst du?“) wurde ich zu der Runde gewunken und mir ein Platz in ihrer Mitte angeboten. Trotz mangelnder Englischkenntnisse beiderseits war schnell ein freundschaftlicher Kontakt hergestellt. In der Not half der Google-Übersetzer (Deutsch-Filipino).

So habe ich wieder neue, liebe Leute kennengelernt. Ein besonderes Osterfestessen gönnte sich die Runde nicht. Es gab gekochte Kumate (philippinische Süßkartoffeln) als Pellkartoffeln. Nichts weiter. Diese Kartoffelart ist sehr süß und trocken und deshalb nur mit genügend Wasser zum Nachtrinken zu genießen.

Wie die Familie mit den Auflagen der Regierung in der Covid-19-Krise umgeht, möchte ich von der Familie wissen. „Wir haben uns mit der Quarantäne abgefunden“, ist zu erfahren. Zusammen mit dem Wunsch, dass diese Zeit möglichst bald enden werde.

Die meiste Zeit halten sich die Marindas daran, zu Hause zu bleiben. Wegen der Hitze, die das Innere dermaßen aufheizt, aber vor allem an schattigen Plätzen vor dem Haus. Die Kinder machen es sich trotzdem öfters drinnen bequem. Sie spielten leidenschaftlich gerne Skat – eine weitere Überraschung für mich auf den Philippinen.

„Jesus - His Life“ (Jesus - sein Leben) - unter diesem Motto stand die gesamte Osterwoche auf den beiden Kanälen des philippinischen Fernsehens: Spielfilme und Dokumentationen von der Wiederauferstehung Jesus. Zwischendurch aber auch Blockbuster wie „Titanic“ oder „Superman“ - alles in Filipino synchronisiert, weshalb ich kein Wort verstanden habe.

Ein bedeutender Tag für „meine“ Familie Seva war auch der Gründonnerstag. Denn es wurde Geburtstag gefeiert. Jhon-Christopher, der jüngste von zwei Söhnen der Familie, ist 16 Jahre alt geworden. In der Regel passiert zu solchen Anlässen nicht besonders viel. Keine Geschenke und zum Essen Reis wie an jedem Tag. Aus diesem Grund hatte ich gleich nach meiner Ankunft auf den Philippinen Anfang März eine größere vierstellige Summe Pesos bei der Familie hinterlegt und auch ein wertvolles Geschenk mitgebracht, das Jhon-Christopher und seine zwei Jahre jüngere Schwester Lynlen unter anderem sehr gut für ihre zwölfjährige Schulzeit und darüber hinaus nutzen können. So gab es am 9. April zur Geburtstagsfeier auch Torte, Eis und gutes Essen. Um die 30 Gäste waren gekommen, um es sich schmecken zu lassen.

In Deutschland wäre die gesamte Gesellschaft wegen der Corona-Bestimmungen wohl verhaftet worden. Hier auf dem Dorf wird das nicht so eng gesehen. Polizei und Ordnungskräfte sind bislang nur an den Checkpoints an der Dorfstraße präsent.

In der Nachbarstadt Daraga ist das anders, wie mir Tricycle-Fahrer Alan Logia erzählte. Dort habe sich die Zahl der Polizeikräfte und Soldaten in den vergangenen Tagen stark erhöht. Das Ausgangsverbot und die Einhaltung der Quarantäne werden dort strengstens kontrolliert. Noch bis zum Ende des Lockdowns (Ausnahmezustand) am 30. April. Bis dahin sehe ich keinen Weg zurück nach Deutschland.