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Journalist und Autor Holger Doetsch sprach am Mittwoch in der Salzkirche über soziale Netzwerke "Facebook ist der größte Stammtisch der Welt"

Von Anke Hoffmeister 12.04.2013, 03:11

Sind Facebook, Twitter und andere soziale Netzwerke gefährlich? Antworten auf diese und etliche andere Fragen lieferte am Mittwochabend der Journalist und Dozent Holger Doetsch. Andreas Schulze von der Konrad-Adenauer-Stiftung hatte dazu in die Salzkirche eingeladen.

Tangermünde l Er steckt selbst mittendrin - mitten im sozialen Netzwerk Facebook. Und es ist ihm keineswegs peinlich. Holger Doetsch gestand am Mittwochabend in der Salzkirche den vielen Besuchern seiner Veranstaltung: "Für mich ist es ein berufliches Netzwerk." Über Facebook ließen sich seine Bücher besonders gut verkaufen. Schon allein das sei ein guter Grund für ihn, hier präsent zu sein.

"Ich habe 2750 engste Freunde", gab er stolz zu verstehen. "Zum Leidwesen der Deutschen Post, denn das kostet mich ja alles nix." Am Vormittag hatte Doetsch in einer Schule über eben dieses Thema gesprochen und, "ich habe 100 neue Freunde gewonnen", schilderte er das Tempo, mit dem ein Facebook-Nutzer im Handumdrehen seinen Pool an Freunden erweitern kann. Allerdings ist Doetsch dabei auch wählerisch. Längst nicht jedem gewährt er "Einlass". Eine Mitschülerin aus Grundschulzeiten ließ er abblitzen. "Das war eine Zicke. Ich konnte sie schon damals nicht leiden."

"Auch meine Mutter ist mit ihren 75 Jahren bei Facebook."

Holger Doetsch

Während der Mann aus Koblenz, der in Berlin seine Wahlheimat gefunden hat, auf lebendige Weise die guten und schlechten Seiten eines sozialen Netzwerks beleuchtete, tat sich auf der installierten Leinwand so einiges. Für die Besucher hatte Doetsch sein Facebook-Profil geöffnet. Ununterbrochen lassen sich Chat-Nachrichten verfolgen, bekommt Doetsch Anfragen von Freunden. "Auch meine Mutter ist mit ihren 75 Jahren bei Facebook. Sie hat erkannt, dass sie mich so am schnellsten erreichen kann", berichtete er.

Einige Lehrer, alle Mitarbeiter des ShalomHauses, zahlreiche Tangermünder waren dabei, als der Journalist und Autor seinen Exkurs durch das digitale, soziale Netzwerk startete. "Facebook ist der größte Stammtisch der Welt. Es ist die nahezu logische Folge der Globalisierung", sagte er. Mit Zahlen untermauerte er seine Aussage, sprach von derzeit 1,1 Milliarden Facebook-Mitgliedern, von 25 Millionen allein in Deutschland. 100 000 Menschen würden sich weltweit täglich wieder abmelden, eine Million dagegen anmelden.

"Wir brauchen in den Schulen das Fach Medienkompetenz."

Dass die Vernetzung auch Nachteile haben kann, verschwieg der Referent an diesem Abend nicht. Auch vor Schülern spricht Doetsch, macht auf die Gefahren aufmerksam, zeigt Wege auf, wie mit wenigen Klicks unter den Einstellungen mehr Sicherheit für jeden selbst möglich ist. "Wir müssen die digitale Revolution akzeptieren, dabei die Gefahren erkennen, die Chancen nutzen", betonte er.

Dass die Gefahren vielen gar nicht klar seien, weiß Holger Doetsch aus seinen Auftritten in Schulen. "Nach fünf Minuten fangen sie an mitzuschreiben, sich Notizen zu machen", erzählte er. Wer bei Facebook aktiv sei, dürfe "seinen Verstand nicht am Internetportal abgeben". Er forderte in erster Linie die Lehrer, nicht die Eltern dazu auf, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. "Wir brauchen in den Schulen das Fach Medienkompetenz", forderte er. Das Leben mit digitalen Netzwerken verlange Wissensvermittlung. Wer mitmachen möchte, muss wissen, was erlaubt ist und was nicht. "Facebook ist kein rechtsfreier Raum." Der Referent sprach über Bild- und Textrechte, über Klagefluten und das Recht eines jeden, sich all das von Facebook schicken zu lassen, was über die eigene Person gespeichert ist.

Dass Holger Doetsch viel Spaß daran hat, sich in der digitalen Welt zu bewegen, machte er mehrfach deutlich. Unter anderem mit der indirekten Aufforderung: "Ich hoffe auf viele neue Freundschaftsanfragen, wenn ich nachher in meinem Hotel bin."