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Fahrrad Wenn der Schutzstreifen zum Mordstreifen wird

Eine gestrichelte Markierung soll das Radfahren im Stendaler Schadewachten sicherer machen. Der ADFC zweifelt an der Sinnhaftigkeit.

Von Nora Knappe 08.03.2020, 03:00

Stendal l Dem Schadewachten in Stendal wird seit einigen Wochen für die große Straßensanierung zu Grunde gerückt. Wenn alles fertig ist, soll es für Fahrradfahrer auf der Fahrbahn einen sogenannten Schutzstreifen geben – eine gestrichelte Markierung samt Rad­emblem. Das Wort Streifen lässt erahnen, dass man als Radfahrer hier nicht allzu viel räumlichen Komfort erwarten darf.

Nach Auskunft der Stadtverwaltung soll der Schutzstreifen „mit 1,50 Meter Breite auf beiden Seiten der Straße über die gesamte Länge hergestellt werden“. Wie Armin Fischbach auf Volksstimme-Anfrage mitteilt, soll es zusätzlich Sicherheitsabstände geben: einerseits 0,35 Meter zur Parkfläche hin, andererseits sind zur Fahrbahn hin „Markierungen geplant“. So komme man „für den Schutzstreifen auf eine Breite von etwa 1,90 Meter“. Laut der Unfallforschung der Versicherer (UDV) sollten jedoch allein schon die Sicherheitsabstände idealerweise 0,75 Meter betragen.

Schutzstreifen sind Teil der Fahrbahn und dürfen von Autos befahren werden, sofern dort kein Fahrradfahrer unterwegs ist. Für Radfahrer besteht aber keine Benutzungspflicht.

Ob dieser Schutzstreifen in einer Tempo-30-Zone überhaupt sinnvoll ist, zweifelt Werner Hartig vom regionalen ADFC an. „Da wird aus meiner Sicht an der falschen Stelle etwas angelegt. Sinnvoller wären solche Schutzstreifen oder Radfahrstreifen in Tempo-50-Straßen.“

Auch die UDV hat hierzu Untersuchungen gemacht und festgestellt, dass sich Radfahrer „auf den markierten Anlagen nicht sicher fühlen. Insbesondere schmale Streifen meiden sie häufiger und weichen lieber auf Gehwege aus.“ Zudem würden Radfahrer durch dort parkende Autos behindert. (Im Übrigen ist dort auch das Be- und Entladen von Autos verboten.)

Insbesondere das Überholen berge laut UDV großes Gefahrenpotenzial: „Wer überholt, orientiert sich vor allem an den Markierungen auf der Fahrbahn und reagiert nur unzureichend auf die Position der Radfahrenden. Oft wird der eigene Fahrstreifen beim Überholen nicht verlassen.“ Der Mindestabstand von 1,50 Meter werde oft nicht eingehalten.

Es passiert also das ganze Gegenteil des Beabsichtigten. Und der Schutzstreifen wird, da haben die Niederländer mal wieder ein schönes Wort gefunden, schnell zum „Mordstreifchen“ (moordstrookje).