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Fahrstuhl Weiterhin im Schneckentempo unterwegs

Im Stendaler Rathaus wird es keinen neuen Fahrstuhl geben - trotz Schneckentempos

Von Thomas Pusch 04.12.2018, 18:12

Stendal l Helga Zimmermann traf im Stadtrat am Montagabend eine ganz klare Feststellung: „Das Rathaus ist kein Hochhaus und auch kein Fensehturm“, sagte die Linke. Nicht alles rund um das Gefährt, das Personen von unten nach oben und umgekehrt befördern kann und trotzdem kein Fahrstuhl ist, erscheint so eindeutig. Wo hört beispielsweise ein Aufzug auf und wo fängt ein Fahrstuhl an? Bedeutet Barrierefreiheit, dass man keine Treppen steigen muss oder dass man ohne Begleitung zum Ziel kommt?

Als der Fahrstuhl vor gut neun Jahren eingeweiht wurde, war von all diesen Diskussion noch überhaupt nichts zu ahnen. Die beiden ältesten Stadtratsmitglieder fuhren Probe, waren hellauf begeistert von der Möglichkeit, die Treppe zu umfahren. Dass der Knopf solange gedrückt werden musste, bis die gewünschte Etage erreicht war, störte niemanden. Auch über die verhältnismäßig geringe Geschwindigkeit mokierte sich kein Mensch. Und davon, dass ein Verwaltungsmitarbeiter die Fahrgäste begleiten müsste, war noch keine Rede. Erste Probleme gab es vor drei Jahren, als der Fahrstuhl für mehrere Wochen ausfiel.

Ein fehlendes Ersatzteil war schuld. Dann kam die Verwaltung auf die Idee, einen neuen Fahrstuhl, eigentlich den ersten, denn bislang war es ja ein Aufzug, einzubauen. Etwa 200.000 Euro sollte der Spaß kosten. Nach gut sieben Jahren war aufgefallen, dass die Bedienung unzweckmäßig, die ständige Begleitung durch einen Mitarbeiter des Rathauses unzumutbar sei. Nun entdeckte das Fernsehen den Rathausfahrstuhl für sich, fand ihn endlos komisch und eine unendliche Geschichte schien ihren Anfang zu nehmen.

Unter anderem wurde das Gefährt vom ZDF-Länderspiegel entdeckt, Extra-Drei aus dem Dritten griff das Thema auf, Mario Barth schickte für seine Sendung Joachim Llambi zum Recherchieren vorbei und das Comedy-Duo Baumann und Clausen freute sich bei seinem Auftritt im Schwarzen Adler, dass man gleich nebenan im langsamen Fahrstuhl gemütlich „Käffchen“ trinken könnte. Dann wurde Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) die Sache aber zu ulkig. Schließlich würde das Gerät seinen Zweck, Menschen von einem Stockwerk ins andere bringen, erfüllen.

Dem Protest, dass aber Barrierefreiheit nicht gegeben sei, wenn man begleitet werden müsse, hielt Schmotz entgegen, dass das denkmalgeschützte Rathaus nie barrierefrei sein würde. „Dann hätten wir vor mehreren hundert Jahren schon anders bauen müssen“, trug er seinen Teil zur humorvollen Betrachtung der Sache bei. Der Stadtrat stimmte für den Erhalt des alten Aufzugs. Thomas Pusch