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Faustschlag-Prozess Ex-Freundin ist plötzlich die Verlobte

Im Stendaler Prozess um einen Faustschlag ins Gesicht, wurde die Ex-Freundin zur Verlobten und verweigerte die Aussage.

Von Wolfgang Biermann 09.04.2017, 12:54

Stendal l „Die Zeugin braucht also eine Extra-Einladung, kann sie haben.“ Mit diesen Worten brummte am zweiten Prozesstag in der Vorwoche die sichtlich aufgebrachte Richterin Petra Ludwig als Vorsitzende des Schöffengerichts am Stendaler Amtsgericht einer nicht erschienenen Zeugin 300 Euro Ordnungsgeld auf. Ersatzweise muss sie zwei Tage Ordnungshaft absitzen.

Einer anderen Zeugin gegenüber, die ihrer Aussagepflicht nachgekommen war, soll die Säumige vorab bekundet haben, „keine Lust“ zum Gang ins Gericht zu haben. Und so gibt es einen weiteren Fortsetzungstermin in einem am 22. März begonnenen Prozess um Drogenanbau und Körperverletzung. Dazu soll die Aussageunwillige nun von der Polizei vorgeführt werden.

Wie berichtet, hat ein 33-jähriger aus einem Dorf bei Stendal zugegeben, dass er im Vorjahr im Schlafzimmer seiner Wohnung eine Mini-Rauschgiftplantage betrieben hat. Knackpunkt des Prozesses ist aber wie berichtet eine weitere Anklage. Demnach soll er am frühen Morgen des 29. Oktober in Stendal einer 25-Jährigen auf dem Parkplatz an der Wüste Worth unvermittelt einen heftigen Faustschlag ins Gesicht verpasst haben, so dass die Soldatin eine Woche außer Gefecht gesetzt war.

Die junge Frau hatte nach einer Feier in einer Gaststätte in der Stendaler Innenstadt zu ihrer auf dem Parkplatz urinierenden Freundin gesagt: „Mach hinne.“ Nicht gesehen hatte sie einen ebenfalls sich auf dem Platz entleerenden Mann, der sich durch die nicht an ihn gerichtete Äußerung offenbar provoziert fühlte, und der laut Aussage des Opfers „Halt‘s Maul“ rief und sogleich zuschlug. Im Angeklagten hatte sie zum Prozessauftakt den Täter erkannt und weitere Zeugen dafür benannt.

Doch zwei davon sagten vor dem Gericht nun aus, den Schlag selbst nicht gesehen zu haben. Eine Zeugin hatte zumindest den Angeklagten auf dem Parkplatz erkannt. Der hatte wie berichtet angegeben, am Tattag gar nicht in Stendal gewesen zu sein.

Aussagen sollte auch eine Frau, die laut weiterer Zeugen auch auf dem Parkplatz anwesend war. Beim Prozessauftakt hatte der Angeklagte noch behauptet, die 25-Jährige sei zum Tatzeitpunkt schon lange nicht mehr seine Freundin gewesen.

Große Wendung nun am zweiten Prozesstag: Die angebliche Ex-Freundin bezeichnete sich im Zeugenstuhl zur Verwunderung aller Prozessbeteiligten nunmehr als Verlobte des Angeklagten, mit dem sie drei gemeinsame Kinder habe. Sie berief sich auf das ihr zustehende Zeugnisverweigerungsrecht und sagte nicht aus. Endgültige Klarheit soll nun der dritte Prozesstag bringen. Dann wird auch das Urteil erwartet.