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Festgenommen Straftäter floh nach Russland

Nach der Verurteilung in Stendal legte der Sexualstraftäter Revision ein und setzte sich nach Rußland ab. Dort wurde er festgenommen.

Von Wolfgang Biermann 04.12.2018, 17:20

Stendal l Nach acht Monaten in russischen Gefängnissen sitzt ein heute 56-Jähriger aus einem Ort im Norden des Landkreises wegen schweren sexuellen Missbrauchs seiner eigenen Tochter seit Mitte Oktober 2018 seine vom Landgericht Stendal vor nunmehr zwei Jahren ausgeurteilte dreijährige Haftstrafe in Halle ab. Dazu war er am Ende eines emotionsgeladenen Prozesses am 12. Oktober 2016 verurteilt worden. Daran änderte auch die von ihm eingelegte Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) nichts, wie Gerichtssprecher Michael Steenbuck auf Anfrage sagte.

Demnach sollte er nach der am 5. Juli vorigen Jahres vom BGH als „unbegründet“ verworfenen Revision seine Haftstrafe antreten. Doch der Angeklagte setzte sich ab. Daraufhin wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Und er wurde europaweit zur Fahndung ausgeschrieben. Dass er sich abgesetzt und im Ausland inzwischen gefasst wurde, vermochte der Gerichtssprecher nicht zu bestätigen, weil „nach Rechtskrafterlangung des Urteils die Staatsanwaltschaft wieder Herrin des Verfahrens zur Strafvollstreckung“ sei. Thomas Kramer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stendal, sagte dazu auf Nachfrage, dass der Gesuchte am 19. Februar dieses Jahres in der Russischen Föderation festgenommen worden sei. Bis zum 17. Oktober habe er demnach in Auslieferungshaft verbracht. Dann sei er nach Deutschland überstellt worden und verbüßt seitdem in der JVA Halle die in Stendal verhängte Strafe. Wobei ihm die Haftzeit in Russland angerechnet werde, so Staatsanwalt Kramer.

Worum ging es. Das Landgericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte Sex mit der leiblichen Tochter hatte. Zum Zeitpunkt der ersten Tat war sie fünf Jahre alt. Die Richter stützten ihr Urteil vor allem auf die Angaben des Mädchens. Der Angeklagte hatte die Taten bis zum Schluss bestritten. Dabei hatte der Vorsitzende Richter Ulrich Galler ihm die sinnbildliche „goldene Brücke“ gebaut. Mit einem Geständnis würde er dem Mädchen die Aussage ersparen, was sich strafmildernd auswirken werde: „wenn es denn etwas zu gestehen gibt“.

Doch der Angeklagte leugnete die ihm zur Last gelegten Taten weiter. Mit der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Mädchens hatte das Gericht die Psychologin Dorothea Pierwoß beauftragt. Diese hielt das Mädchen für glaubwürdig, lediglich in einem der angeklagten drei Fälle sei das „Aussagesubstrat nicht so ergiebig“. Damit begründete das Gericht dann auch einen Teilfreispruch.

Das zum Zeitpunkt ihrer Aussage siebenjährige Mädchen befand sich nach Auskunft der Mutter in psychologischer Behandlung. Trotz der widerwärtigen Taten würde sie noch immer sehr an ihrem Vater hängen.