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Förderschule Begleiter auf einem schwierigen Weg

An der Pestalozzi-Schule in Stendal ist Ute Wernecke keine Unbekannte, offiziell im Amt der Leiterin ist sie seit Mai.

Von Nora Knappe 14.05.2017, 01:07

Stendal l Angekommen ist sie längst – jetzt fehlte nur noch die offizielle Urkunde. Ute Wernecke ist seit Mai 2017 ganz amtlich die neue Schulleiterin der Pestalozzi-Förderschule in Stendal. Was damit auf sie zukommt, wusste sie aber bereits, denn schon seit 2014 teilte sie sich die Leitung der Schule mit zwei Kollegen. Und zuvor hatte sie die Förderschule in Klietz geleitet.

„Ich bin in den Aufgaben drin, fühle mich wohl hier“, sagt die 56-Jährige, die in Jävenitz zu Hause ist. „Ich kenne die Kinder, ihr Lebensumfeld ist mir vertraut und es gibt einen engen Draht zu den Eltern. Auch im Kollegium ist es ein gutes Miteinander.“

Einen kleinen Wandel hat die Pestalozzi-Schule in den vergangenen Monaten durchgemacht. Mit der Auflösung der Förderschule in Klietz kamen nicht nur die dortigen Schüler nach Stendal, sondern auch Mobiliar und Unterrichtsmaterialien. Damit konnten Räume in Stendal etwas neuzeitlicher gestaltet und eingerichtet werden.

Die Pestalozzi-Förderschule ist eine von nur zweien für Lernbehinderte im Landkreis Stendal. Entsprechend groß ist der Einzugsbereich, mit dem Zuzug der Klietzer Kinder hat sich die Schülerzahl bei 140 eingependelt. Unterrichtet wird von der 3. bis zur 9. Klasse, einen Abschluss machen die Schüler hier jedoch nicht. „Die meisten unserer Schüler gehen ins Berufsvorbereitende Jahr, aber unser Ziel ist möglichst die Rückführung an eine Regelschule, wo sie ihren Hauptschulabschluss machen können“, sagt Wernecke.

Die Stärken der lernbehinderten Schüler liegen vor allem im praktischen Bereich. Darum fokussiert sich die Schule in ihrem Lehrplan auch darauf, der Schwerpunkt liegt auf der beruflichen Orientierung. Kontakte zum Pflegeheim gleich um die Ecke gibt es ebenso wie zu Garten- und Forstinstitutionen. Aber auch in der Schule selbst sind die Schüler ganz nach Pestalozzis Credo mit „Kopf, Herz und Hand“ gefragt: im Hauswirtschaftsunterricht, in den Werkräumen, in der Fahrradwerkstatt oder auch bei der Pflege des Schulgeländes und des Schulgartens.

Dass es um den Ruf der Förderschulen nicht zum Besten bestellt ist, erfährt Ute Wernecke immer wieder neu. „Für viele Eltern ist das oft der letzte Ausweg, aber ich denke, dass es nach wie vor Kinder gibt, für die wir unter Förderschulbedingungen das Beste für sie herausholen können. Sie sind mit den Problemen, die sie haben, an Regelschulen überfordert.“ Und auch wenn langfristig die Inklusion das erklärte Ziel ist, funktioniere das nur mit entsprechender Personal- und Stundenausstattung.

Über die kann sich Ute Wernecke an ihrer Schule nicht beklagen. „Es fehlen uns zwar junge Kollegen, bei uns ist kaum jemand unter 50. Aber wir haben andere Stundenzuweisungen als an Regelschulen, haben noch pädagogische Mitarbeiter und nicht so große Klassen, und die Schulsozialarbeit ist sehr aktiv. Das macht es uns möglich, unsere Schüler individuell zu fördern.“ Einen großen Wunsch allerdings gibt es schon noch: Internetanschlüsse und Computerarbeitsplätze in den Fachräumen.

Ute Wernecke, die in erster Linie Kunst und Hauswirtschaft unterrichtet, ist seit 1991 an Förderschulen tätig. „Ich finde, es ist eine lohnende Aufgabe, denn viele Schüler mit Lernbehinderung haben in der Gesellschaft keine Lobby“, sagt Ute Wernecke. „Eine Lernbehinderung sieht man den Menschen nicht an, sie brauchen aber besondere Unterstützung und Zuwendung. Wir helfen ihnen, ihre Chancen zu erkennen, und begleiten sie ein Stück auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben.“

Wenn man mit Ute Wernecke über ihre Arbeit spricht, über die große Verantwortung, die die Leitung einer Schule auch mit sich bringt, wirkt sie dabei ganz ausgeglichen. Es ist eben so: „Der Beruf macht mir Freude, es ist eine vielfältige Arbeit, der Kontakt zu den Menschen und verschiedensten Professionen und Personengruppen ist einfach mein Ding.“ Gewiss, sie unterrichte gern, aber insbesondere das Gestalten der Bedingungen reize sie: „Wo kann man Neues ausprobieren, wie könnte man zielgerichteter arbeiten, damit Schüler ihren Weg finden?“ Solche Fragen und Ziele treiben Ute Wernecke an.

Um sich nicht im Strudel schulischer Dinge zu verlieren, findet die 56-Jährige Erdung beim Joggen und Fotografieren. Auch wenn für das kreative Hobby schon fast wieder zu wenig Zeit ist.