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Fragen an Stadtrat Wie sieht es aus mit der Bürgerbeteiligung?

Wo steht die Stendaler Lokalpolitik zur Halbzeit der Stadtratsperiode? Hier lesen Sie Teil 3 des Interviews mit dem Stadtratsvorstand.

23.12.2016, 09:00

Volksstimme: Wir haben über Visionen gesprochen. Es gibt ja aber nicht nur die Kernstadt, sondern auch die Ortsteile der Hansestadt Stendal. Wäre es nicht auch möglich, Bürgersprechstunden in die Ortsteile zu verlegen oder nach Stadtvierteln anzubieten?

Thomas Weise: Sind wir dazu wirklich in der Lage, ist die Frage? Wenn man die Stadtratsarbeit ehrlich macht, und das sehe ich bei allen Stadtratsmitgliedern so, dann bedeutet das einen sehr großen Zeitaufwand. Dieser zusätzliche Aufwand ist nicht zu leisten.

Helga Zimmermann: Es hat aber durchaus Themen gegeben, wo wir direkt zu den Stendalern gegangen sind, beispielsweise als es um den Stadtumbau in Stadtsee III oder den Rückbau in Süd ging. Wenn man die Leute aus ihren Ecken herausholen will, müssen sie die Möglichkeit haben, sich zu äußern.

Reinhard Weis: Als Fraktion gehen wir ja in die Ortsteile, als Stadtratsvorstand sind wir noch nicht auf die Idee gekommen, da kann man noch einmal drüber nachdenken.

Thomas Weise: Zeitaufwendig ist ja vor allem die Nacharbeit. Ich kann da von meiner jüngsten Bürgersprechstunde berichten. Fünf Interessierte waren da, es ging vor allem um private Probleme, wie das Parkproblem vor der eigenen Haustür. In einer Sprechstunde hat man immer beide Seiten, Besucher mit einem konkreten Anliegen und diejenigen, die gar keine konkrete Frage haben, sondern sich einfach unterhalten wollen. So unterschiedlich ist es auch mit den Problemen. Wenn sich jemand über Raser in der Straße beklagt, kann man dort den Blitzerwagen hinschicken. Wem es um die Frage geht, ob ein Bürgersteig rollatortauglich ist, dann lässt sich das nicht so schnell lösen. Die Bürgersprechstunde bietet die Gelegenheit, Zusammenhänge zu erklären. Viele kritisieren beispielsweise die Sanierung einer Straße, ohne die wäre das Geld für den Kindergarten aber auch nicht automatisch da. Überhaupt sollte man nicht immer mit dem Geld argumentieren, das erweckt den falschen Eindruck. Kleine Schulen werden beispielsweise nicht geschlossen, weil kein Geld da ist, sondern weil sie ab einer bestimmten Schülerzahl keinen Sinn ergeben.

In Stendal gab es schon Bürgerentscheid und Bürgerbefragung. Sind das probate Mittel zur Bürgerbeteiligung?

Helga Zimmermann: Ich halte sie durchaus für probate Mittel. Das Problem ist nur das Quorum, also die Mindestquote der Beteiligung. Ein Landrat kann theoretisch mit 50 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von 16 Prozent gewählt werden. Bei einem Bürgerentscheid muss hingegen die Mehrheit von mindestens 25 Prozent zustimmen, das ist ungerecht.

Reinhard Weis: Im Moment halte ich diese beiden Mittel nicht für händelbar. Derzeit bedeutet das vor allem einen Riesenaufwand. Und ich habe manchmal bei den Bürgern den Eindruck, dass es in die völlig falsche Richtung läuft. Die Grenzen sind laut Kommunalverfassung zu weit gefasst. Ein Uchtspringe-Thema interessiert doch beispielsweise in Staffelde oder Heeren gar nicht, aber es muss in der gesamten Hansestadt abgestimmt werden.

Helga Zimmermann: Ein anderes Element der Bürgerbeteiligung ist der Bürgerhaushalt. Es ist die Frage, ob man den will oder nicht, ich würde ihn wollen.

Thomas Weise: Ich nicht. Ich bin dafür, die Bürger in die Entscheidungen einzubeziehen. Bei Bürgerbefragung und Bürger-entscheid habe ich aber Angst davor, dass sie von Stimmungsmachern missbraucht werden. Den Brexit oder die US-Wahl sind Beispiele dafür. Jüngst habe ich etwas über eine Art von Jury-System gelesen. Da werden nicht alle Bürger der Stadt befragt, sondern ein Abbild der Stadt im Kleinen zusammengestellt. Die Entscheidung allerdings, das ist meine Überzeugung, darf am Ende nur das gewählte Gremium haben.

Welche Schlagzeile möchten Sie gerne einmal über den Stadtrat oder Stendal lesen?

Helga Zimmermann: Stendal ist zukunftssicher aufgestellt.

Reinhard Weis: Stadtrat hat klug entschieden.

Thomas Weise: Gesamter Stadtrat bei der feierlichen Eröffnung der A 14 bei Uenglingen.

Das Gespräch führten Marc Rath und Thomas Pusch

Das Interview wurde in drei Teilen abgedruckt. Diese können noch auf der Internetseite der Volksstimme nachgelesen werden.

Hier geht es zur Online-Umfrage zu Halbzeit im Stadtrat.