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Frauenfrühstück Der Staffelstab ist übergeben

Bevor Michael Stahl beim Frauenfrühstück in Stendal sprach, übergab Kriemhild Irmscher als Koordinatorin das Amt an Christiane Cabaron.

Von Donald Lyko 18.09.2017, 18:57

Stendal l „Mit meinem Gott springe ich über Mauern“ – diese Worte aus der Bibel kann Michael Stahl nur unterstreichen, auch in seinen Vortrag hätten sie gut gepasst. Doch es war Kriemhild Irmscher, die diesen Auszug aus Psalm 18 zitierte – denn er begleitet die Christin seit langer Zeit. Wohl zur Zufriedenheit, denn sie gab diese Worte gern an ihre Nachfolgerin Christiane Cabaron weiter, gesprochen und als Text auf den Staffelstab geklebt.

Seit 2011 stand Kriemhild Irmscher an der Spitze der Gruppe, die die zweimal jährlich stattfindenden Frühstückstreffen für Frauen organisiert. Elf dieser Zusammenkünfte im „Schwarzen Adler“ trugen ihre Handschrift. Das Frauenfrühstück in Stendal gibt es seit 2003, die Bewegung selbst nahm 1983 in der Schweiz ihren Anfang. Mittlerweile gibt es diese Frauentreffen, die ein Forum zum Gespräch über Lebens- und Glaubensfragen sind, in zirka 200 Städten in Deutschland.

Mit einem Blick zurück zog Kriemhild Irmscher das Fazit: „Es war für mich eine wichtige Zeit, sie hat mich geprägt.“ Die Veranstaltungen, die Vorträge und die Begegnungen mit den Gästen seien „gute Impulse und wertvolle Schätze für unser Leben“, sagte die bisherige Koordinatorin, die sich bei den Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe, bei den Tischverantwortlichen während der Treffen und den vielen anderen Helfern bedankte. „Denn es war und ist immer Teamarbeit“, sagte Kriemhild Irmscher und übergab das Mikrofon an Christiane Cabaron. Die 39-Jährige, die beim Diakoniehof Wilhelmshof beschäftigt ist, versicherte: „Ich bin guten Mutes, dass es auch weiterhin diese Treffen geben wird.“ Seit zwei, drei Jahren hilft sie bei der Vorbereitung mit, dennoch seien es „ziemlich große Schuhe, die ich anziehen muss“, lobte sie die Arbeit ihrer Vorgängerin.

Nach einem kräftigen Applaus der gut 260 Damen im Saal für Kriemhild Irmscher und Christiane Cabaron war es Zeit für den Gast dieses Frauenfrühstücks: Michael Stahl aus dem baden-württembergischen Bopfingen. „Kein Herz aus Stahl“, den Titel eines seiner Bücher, hatte er als Thema für seinen Auftritt gewählt. Schon am Freitag hatte Stahl zwei Veranstaltungen in Stendal angeboten, bevor er den Frauen am Samstagvormittag über sein Leben berichtete.

Ein Leben, das mit einer Kindheit in der ärmsten Familie des Dorfes begann, von den anderen Einwohnern verachtet, mit einem Trinker als Vater. Einem Vater, der ihm auf die Frage nach einem Geburtstagsgeschenk ins Gesicht gespuckt und gefragt hat: „Reicht das oder willst du noch mehr?“ Offen und schonungslos erzählt Michael Stahl seine Lebensgeschichte, berichtet über Jahre, die er auf der Straße gelebt hat. Berichtet über die Zeit als Bodyguard, in denen er beim Papstbesuch 2006 im Einsatz und Anfang der 2000er für die Sicherheit seines Idols Muhammad Ali bei dessen Deutschlandbesuch verantwortlich war.

Ein bewegtes Leben, aus dem der 47-Jährige schöpft – Erfahrungen, Lehren, Botschaften. Die zum Beispiel, dass es keine schlechten Menschen gibt. Oder die, dass der Einwand: „Wenn du dein Herz öffnest, macht dich das angreifbar“ gar nicht stimme. „Denn wenn ich alles über mich gesagt habe, was macht mich dann noch angreifbar“, hält Michael Stahl dagegen – ein gläubiger Christ, der durch Gott zu seinem Vater, „den ich verachtet habe“, zurückgefunden hat.

Vor zehn Jahren war das, seither reist er nicht nur durch Deutschland, um Vorträge zu halten. Aktuell arbeitet er an einem Projekt in Israel, gibt Kurse für Kinder, schreibt Bücher, arbeitet als Selbstverteidigungstrainer.

Und wirbt dafür, nahestehenden Menschen viel öfter und überhaupt zu sagen: „Ich liebe dich!“ Auch Väter sollten diese drei Worte zu ihren Söhnen sagen und auch: „Ich bin stolz auf dich“, ermuntert Stahl immer wieder, denn Kinder bräuchten dies zum Überleben. „Söhne, die das nicht hören, wollen dann von der Welt gelobt werden“, sagt Stahl und fügt hinzu: „Wenn Menschen nicht wissen, dass sie wertvoll sind, suchen sie andere Familien.“ So gehe es den Künstlern, die sich nicht von der Bühne verabschieden wollen/können, weil sie den Applaus brauchen, so gehe es dem Gangmitglied. Stahl: „Die Sehnsucht aller Menschen ist, gesagt zu bekommen: Du bist geliebt!“

Worte, die er nach Vergebung zu seinem Vater gesagt hat – und beiden wurden noch sieben gemeinsame Jahre geschenkt, bevor der Vater vor drei Jahren starb.