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Gästeführer Die Liebe zur Stadt weist den Weg

In Stendal gibt es derzeit 13 Stadtführer, doch werden weitere benötigt. Arne Marzahn führt seit sieben Jahren Gäste durch die Stadt.

Von Nora Knappe 22.02.2017, 00:01

Stendal l Nein, einen Regenschirm hat Arne Marzahn nicht dabei, wenn er Gäste durch die Stadt führt. So groß ist das Gewimmel in Stendal nun auch nicht, dass man den Anschluss verpassen könnte. Aber ein Markenzeichen hat der 44-Jährige doch: seine Schirmmütze. Ohne die geht er nicht aus dem Haus.

Und ja, man kann das auch gleich vorweg sagen: Er hat eine linksseitige spastische Lähmung und darum einen auffälligen Gang. Dass Arne Marzahn das nicht wegschweigt, hat einen guten Grund. Er will damit sagen: „Man kann auch trotz einer leichten Gehbehinderung als Stadtführer arbeiten.“

Arne Marzahn, von Beruf Sozialarbeiter, macht das seit sieben Jahren. Nach seiner Frühberentung suchte er nach „etwas, das geistige Herausforderung ist und mir Spaß macht“. Also ließ er sich zum Stadtführer ausbilden. Seither zeigt er sommers wie winters Touristen seine Heimatstadt. Im Frühsommer schon mal dreimal die Woche, im Winter eher seltener. Am liebsten auf den Spuren der Hansezeit, da geht es rund um den Markt, aber sehr gern zeigt er auch Stendals Kunstschätze.

Eine Stadtführung, findet er, „ist kein Geschichtsunterricht, man unterhält die Menschen eher auf informative Art. Und wenn am Ende nicht Jahreszahlen und Daten hängenbleiben, sondern dass Stendal eine schöne Stadt ist, dann bin ich zufrieden.“

Stadtführer, Fremdenführer, Gästeführer, Touristenführer oder neuerdings auch Guide... Namen gibt es viele für das, was Arne Marzahn aus Begeisterung und Leidenschaft und Liebe zu seiner Heimatstadt macht. „Man ist nicht angestellt, sondern arbeitet auf Honorarbasis, aber für mich fühlt es sich an wie ein Beruf, ist mehr als eine bezahlte Freizeittätigkeit. Es ist für mich jedes Mal eine große Freude, Menschen meine Heimatstadt zu zeigen.“ Auch wenn es durchaus anstrengend ist, über eineinhalb bis zwei Stunden zu Fuß unterwegs zu sein und vor einer großen Gruppe laut zu reden.

Für Arne Marzahn, so scheint es, ist das Stadtführersein eine soziale Angelegenheit, ein kleines Lebenselixier. „Klar, gibt es einen roten Faden bei einer Stadtführung, aber ich spule nicht gern irgendwas ab, sondern möchte auf das eingehen, was die Leute wissen wollen, ich fordere sie auch immer auf, mich zu löchern.“ Und dann bleibt man eben mal länger an der Orgel, kürzt dafür vielleicht beim Uenglinger Tor.

Obwohl... das Uenglinger Tor liegt ihm schon sehr am Herzen. Schließlich spiegelt sich hier nicht nur die Hansezeit wider und sieht man sehr anschaulich die Reste der Stendaler Stadtbefestigung, sondern darin steckt auch ein Stück Familiengeschichte: Sein Vater war in den 1980er Jahren nämlich an der Restaurierung des Bauwerks beteiligt.

Für Kinder, die Arne Marzahn auch sehr gerne an die Stadtführerhand nimmt, ist das wuchtige, kühle Backsteingebäude immer sehr spannend, der enge Gang im Gemäuer zur Plattform ein Abenteuer. „Ich staune immer, wie viele tolle Fragen die Schüler haben.“ Und die Aussicht oben in alle Richtungen habe mal eine Gruppe Amerikaner sehr fasziniert. Beim Blick auf die inzwischen begrünte, ehemalige Deponie, die allmählich ins Sonnenuntergangslicht getaucht wurde, kamen sie sehr ins Schwärmen über den „beautiful hill“, erzählt Marzahn amüsiert.

Genau solche Dinge sind es, die eine Stadtführung lebendig machen, findet er, vor allem der Austausch mit den Menschen. „Die reinen Fakten sind nur ein geringer Teil, der Großteil sind Geschichten, Anekdoten, Sagen. Und auch mal ein Witzchen.“ Und weil Arne Marzahn es anschaulich mag, gewandet er sich ab und an als hanseatischer Kaufmann. Zu dessen Habitus gehört auch ein spezieller Hut. Dafür setzt Arne Marzahn dann auch ausnahmsweise mal sein Basecap ab.