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Gastronomie Wo bleiben die Einheimischen?

"Deutschland-Urlauber" aus allen Teilen der Republik lassen Gastronomen im Landkreis Stendal zuversichtlicher in die Zukunft schauen.

Von Siegfried Denzel 03.07.2020, 08:45

Stendal l Zwischen 30 und 60 Prozent Umsatz weniger: Eine nicht repräsentative Umfrage der Volksstimme unter Gastronomen im Landkreis Stendal zeigt drastisch auf, wie sehr sich die Nach-Lockdown-Zeit von der Vor-Corona-Ära unterscheidet. Zwar kehrt mit allmählichen Lockerungen nach und nach ein Hauch Normalität in den Betriebsablauf zurück – so sind seit Anfang Juli wieder Bedien-Büffets erlaubt. Doch „die Leute müssen verstehen: Corona ist nicht weg“, mahnt Manfred Hippeli, Betreiber der „Güldenen Pfanne“ in Havelberg und zugleich Kreis-Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). „Maske und 1,50 Meter Abstand werden bleiben.“

Diese Schutzregeln seien kein großes Problem mehr, zeigt sich Hippeli erleichtert: Mehr als die Hälfte der Gäste komme bereits mit aufgesetzter Mund-Nase-Bedeckung ins Lokal, die andere Hälfte „hat die Maske griffbereit“. Am Tisch sowie in Außenbereichen könne die Maske ohnehin fallen.

Jedoch: Trotz der allmählichen Lockerungen „halten sich Einheimische zurück“ mit Restaurantbesuchen, hat Hippeli beobachtet. Er und sein Team bewirten vor allem Camper sowie Gäste aus den Bereichen Chemnitz, Leipzig oder Halle: Es mache sich schon jetzt bemerkbar, dass der Sommerurlaub 2020 vor allem im Inland stattfinde.

Doch während Havelberg oder Tangermünde als touristische Ersatzziele taugen, tut sich die Kreisstadt Stendal offenbar schwerer – zumindest im gastronomischen Bereich: „Miserabel“ seien die Umsätze, sagt der Inhaber eines Lokals in der Innenstadt, der seinen Namen jedoch nicht in der Zeitung lesen möchte. „Einheimische kommen kaum noch, und von den wenigen Urlaubern können wir nicht leben“, spricht er auch für „einige Kollegen“. Dass er überhaupt noch öffnen kann, verdanke er den inzwischen überwiesenen Corona-Hilfen von Bund und Land: „Wenn das Geld aufgebraucht und die Zahl der Gäste bis dahin nicht um mindestens 50 Prozent gestiegen ist, muss ich Insolvenz anmelden.“ Auf drei Wochen schätzt der Gastronom die „Galgenfrist“.

Dass die Zeit der Entscheidungen noch bevorsteht, fürchtet auch Dehoga-Chef Hippeli: „Wenn im Herbst die Touristen weg sind, kann es für viele eng werden.“ Um dem vorzubeugen, setzten manche Betriebe trotz beginnender Hochsaison weiterhin auf Kurzarbeit; mehrn als 17.000 Kurzarbeiter hatte die Agentur für Arbeit Ende Juni gezählt – viele von ihnen waren in der Gastronomie und Hotellerie beschäftigt.

Unterdessen schaut die Tangermünder Erlebenswert GbR mit Objekten wie der „Zecherei St. Nikolai“, dem „Café Zipfel“ oder den „Exempel Schlafstuben“ wieder optimistischer in die Zukunft. Es sei kein Vergleich mehr zu jener Zeit, „als wir wegen der vielen Absagen mit den Tränen kämpfen mussten“, wie Mitarbeiterin Simone Hinkner einräumt.

Zwar ist im Café wegen der Abstandsregeln die Platzkapazität noch immer glatt halbiert und gleichzeitig der Aufwand aufgrund des coronabedinten Angebots „Frühstück auf dem Zimmer“ in den Schlafstuben erhöht. Aber inzwischen stiegen die Gäste-Zahlen in Tangermünde wieder, berichtet sie. Es mache wieder Freude, zu arbeiten – trotz Maskenpflicht. Selbst wenn die Pflicht in einigen Wochen aufgehoben werden sollte: Auf freiwilliger Basis soll der Mund-Nasen-Schutz in Tangermünde zum Gastronomie-Alltag weiter dazugehören.